„Verloren und unwiederbringlich dahin.“
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Elizabeth Lims Ein Kleid aus Seide und Sternen wird nun durch Bestickt mit den Tränen des Mondes erweitert und gleichzeitig vollendet. Maia Tamarin, die Protagonistin der Mini-Fantasy-Reihe, hat es im ersten Band geschafft, drei magische Kleider aus dem Lachen der Sonne, den Tränen des Mondes und dem Blut der Sterne zu kreieren. Doch nun muss sie den Preis für ihre Forderungen zahlen und kommt dabei den bösen Mächten immer näher.
„Von heute an würde alles anders sein. Von heute an würde ich dem Schicksal erhobenen Hauptes begegnen, wenn es an meine Tür klopfte, und es mir zu eigen machen. Von heute an würde ich kein Herz mehr haben.“ (S. 13)
Kurz vor der Hochzeit mit Kaiser Khanujin flieht Lady Sarnai und lässt ihren Vater, den Shansen, außer sich vor Wut zurück. Maia gibt sich daraufhin als die Geflüchtete aus und nimmt ihren Platz ein. Doch wie sollte es anders sein, fliegt die Täuschung schnell auf und es kommt zu einem erneuten Kriegsausbruch zwischen dem gefürchteten Shansen und dem momentanen Herrscher Khanujin. Alles, wofür Maia im ersten Band eine schwierige Reise und fast unlösbare Aufgabe auf sich genommen hat, nämlich Frieden, steht nun in Trümmern. Zudem bleibt Edan, der frühere Lord Magus und ein mächtiger Magier des Landes, verschwunden, nachdem Maia ihn zum Gehen gezwungen hat. Sein spurloses Verschwinden bleibt aber nicht die einzige Konsequenz, denn ohne ihn hört die Protagonistin immer häufiger die Stimme des Dämons Bandur und auch ihre dunkle, dämonische Seite drängt sich mit ungebrochener Vehemenz an die Oberfläche. Bald schon kann sie nicht mehr genau bestimmen, ob sie oder die Dämonin in ihr die Stimme übernimmt. Aus Angst vor sich selbst beschließt Maia schließlich, nach Lapzur zu gehen und sich ihrem Schicksal zu stellen.
Auch wenn sie in der zweiten Buchhälfte wieder mit Edan vereint wird, bringt dies erstmal keine Linderung. Zusammen versuchen sie zwar, einen Weg zu finden, Maia vor sich selbst zu schützen und die dämonische Seite zu bezwingen, doch fehlen intime Szenen gänzlich. Auch gewinnt der Shansen mithilfe seiner Dämonin immer mehr Macht und vor allem Maia unternimmt neben oder vielmehr trotz ihres wankenden Ichs alles dafür, ihr Land A’landi vor der Bedrohung zu schützen – selbst, wenn sie dafür sich selbst und die drei magischen Kleider opfern muss.
„Das Schneidern ist ein Handwerk, aber es ist auch eine Kunst.“ (S. 8)
Elizabeth Lim legt Wert auf detaillierte Beschreibungen, wenn es um Gewänder, Paläste und die äußeren wie inneren Veränderungen der Protagonistin geht. Die präzise Erkundung von Maias Entwicklung, ihrer Aktivitäten und Gedankengänge, ihrem Kampf mit sich selbst, lassen in diesem Folgeband die Seiten wieder nur so dahinfliegen. Allerdings bleibt der Tiefgang wie bei manchen Spielereien in Ein Kleid aus Seide und Sternen dabei leider außen vor.
Bestickt mit den Tränen des Mondes ist ein sprachlich und inhaltlich gelungener Abschluss der Dilogie, der zum Ende hin aber nicht für große Überraschungen sorgt. Die Storylines rund um die Hauptfigur Maia Tamarin finden einen Abschluss, der sicherlich von einem Großteil der Leser:innenschaft gewünscht ist. Somit gelingt Elizabeth Lim eine fantastische Geschichte, die die Lesenden in eine Welt voller Magie und Mythen eintauchen lässt und die Kunst des Schneiderns und Webens zum Leben erweckt.
von Paula Heidenfelder
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Elizabeth Lim
Bestickt mit den Tränen des Mondes (Ein Kleid aus Seide und Sternen 2)
Aus dem Englischen von Barbara Imgrund
Carlsen Verlag 2021
400 Seiten
16 Euro