Mulheres em movimento – Frauen in Bewegung
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„Mulheres em movimento“ – Frauen in Bewegung – hieß es am Donnerstagabend, dem 23. Juni im Programmkino Lichtspiel. Die Graduate School of Social Sciences, das Feministische Bündnis Bamberg und die Amnesty International Hochschulgruppe Bamberg hatten gemeinsam zu einer Vorführung des Dokumentarfilms mit anschließender Diskussion mit der Regisseurin Juliana M. Streva eingeladen.
Der Kinosaal war trotz 30 °C Außentemperatur gut gefüllt und nach einer kurzen Begrüßung durch die Veranstalter*innen begann der Film. Dass der Film auf Portugiesisch mit englischen Untertiteln war und etwas Konzentration forderte, konnte nach zehn Minuten kaum noch wahrgenommen werden, da die gezeigten Geschichten der brasilianischen Frauen jeden im Saal fesselten. Im Film kamen abwechselnd über 30 Frauen aus Salvador, Rio de Janeiro und Manaus zu Wort. Sie berichteten auf eindrucksvolle Weise über ihre Arbeit in verschiedenen Frauenrechtsorganisationen und -bündnissen sowie ihre eigenen Erfahrungen mit Sexismus, Gewalt, Diskriminierung und Unterdrückung.
Gedreht im Jahr 2018, bevor der brasilianische Präsident Bolsonaro gewählt wurde, konnte der Film erst 2020, also während der Pandemie, fertiggestellt werden. Seit des Drehs hat sich die Lage für Frauen in Brasilien massiv verschlechtert. Doch der Film schafft etwas, was die brasilianische Regierung aktiv zu verhindern versucht: Er gibt Frauen eine Stimme und schenkt ihnen Gehör. Im Besonderen Frauen, die marginalisierten Gruppen wie der Black oder LGBTQIA+-Community angehören und aufgrund dessen systematisch nicht gehört werden.
So gibt es im gesamtem 68-minütigen Dokumentarfilm keine belehrenden Einspieler mit Hintergrundinformationen oder eingesprochene Texte. Stattdessen besteht er ausschließlich aus vielen Interviewsequenzen, in denen die Frauen in die Kamera sprechen, von großen gelben Schlagworten unterbrochen, die auf dem sonst schwarz-weißen Bild auftauchen und die Erzählungen der Frauen in verschiedene Facetten des Feminismus transkribieren. Dabei gelingt es Mulheres em movimento, eine Brücke zwischen dem privaten und öffentlichen Raum sowie zwischen persönlichen Erfahrungen und politischen Strukturen zu schlagen. Juliana M. Streva erzählte im Anschluss, dass sie die Schwarz-Weiß-Ästhetik vor allem deshalb bevorzugt, weil sie dem Film eine Zeitlosigkeit verleiht.
Das Konzept funktioniert. Die Zuschauer*innen blieben zurück mit einer Reihe an Emotionen: Wut über ein System, das seine Macht missbraucht; Respekt vor dem Mut dieser Frauen, die ihre Stimme nutzen und die erneute Erkenntnis darüber, wie privilegiert wir in Europa selbst leben. Der Film stimmt nachdenklich und wirft Fragen auf. In der anschließenden Diskussion beantwortete die Regisseurin eine Menge dieser Fragen und gab interessante Einblicke in ihre Arbeit. Dabei wurde deutlich, dass sie selbst eine Frau in Bewegung ist, die den gesamten Film allein gedreht, geschnitten, produziert und untertitelt hat. Das alles, weil sie nicht nur an ihrer Dissertation arbeiten, sondern auch eine Botschaft vermitteln wollte. Mit Fokus auf Intersektionalität stellt dieser Film die feministische Bewegung Brasiliens in all ihren Dimensionen dar. Und er hinterließ ebenfalls einen starken Eindruck bei den Bamberger Zuschauer*innen, denn den Kinosaal verließen alle mit folgender Erkenntnis: Dort, wo patriarchale Strukturen besonders stark sind, ist der feministische Kampf ebenso stark.
von Antonia Rick
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Lichtspielkino
23. Juni 2022, 18.30 Uhr