„So wilde Freude nimmt ein wildes Ende“
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„Dieses Mal wird das Chaos Gestalt annehmen, Kiefer und scharfe Zähne ausbilden, sich in den Ecken herumtreiben, auf der Suche nach einer Möglichkeit, anzugreifen. Und diese Stadt wird an ihren Fäden tanzen.“
Die Rezension zum ersten Teil Welch grausame Gnade ist in der 70. Heftausgabe des Rezensöhnchens („Erschöpfung“) hier im Archiv zu finden. Viel Spaß beim Stöbern. 🌹
1927: Shanghai steht am Rande einer Revolution. Nachdem das Monster des ersten Bandes besiegt wurde und Juliette ihre Liebe zu Roma aufgrund der Blutfehde ihrer Familien geopfert hat, hebt sich eine neue Gefahr empor, die die Protagonist*innen zu einer erneuten Zusammenarbeit zwingt. Das Problem bei der Sache: Roma möchte Juliette aufgrund ihrer Tat im vorhergehenden Band am liebsten tot sehen – und dann auch wieder nicht. Die Spiegel Bestseller-Autorin Chloe Gong verbindet in Welch grausames Ende abermals Romeo und Julia-Elemente mit politischen Intrigen, Familienverpflichtungen sowie vernichtender Liebe – das alles im mitreißenden Setting Shanghais der späten 1920er Jahre.
„Eine Revolution ist nie schön. Weder sauber noch ruhig noch friedlich.“
Welch grausames Ende legt den Fokus thematisch anders als der vorherige Band, da hier politische Verstrickungen und aufsteigende Machtpositionen im Vordergrund stehen, die Juliette und Romas Liebe und Leben erschüttern. Die monströsen Einflüsse aus dem vorhergehenden Band greifen nur geplant und dazu recht selten an, wobei die Lesenden sowie die Protagonisten vor den Fragen stehen: Wer steckt dahinter? Welche Absichten werden verfolgt? – Daraus resultiert das Gefühl, als würde ein wichtiger Schnipsel fehlen, das sowohl Juliette als auch die Rezipient*innen durchgängig begleitet.
Macht vs. Sicherheit
Eine Revolution der Nationalist*innen und Kommunist*innen um die Machtstellung in Shanghai erschüttert die gesamte Stadt sowie die Machtpositionen der beiden verfeindeten Familien Scarlet und Montagow. Weshalb die Jagd und das Vertreiben der Monster schon bald nicht mehr alleiniges Zentrum des Chaos sind, sondern diesmal eine größere Bedrohung von den dahintersteckenden Menschen ausgeht. Betrug und Verrat in den eigenen Reihen treiben die Handlung weiter voran, wobei ebenso Loyalität und Freundschaften über die Linie der Blutfehde treten. Geschichtliche Einflüsse gesellen sich zu fantastischen Elementen, wodurch Chloe Gong ein bildgewaltiger Abschluss gelungen ist, der die Romeo und Julia-Fragmente ins Herzen des sich verändernden Shanghais katapultiert. Der fiktionale Roman weist auf die chaotischen und schlagartigen Machtwechsel während einer Revolution hin und verbindet solch grausame Zustände mit der Aufopferung für geliebte Menschen und unabdingbaren Schicksalen.
von Paula Heidenfelder
Chloe Gong
Welch grausames Ende
Aus dem amerikanischen Englisch von Carolin Moser
LAGO 2022
520 Seiten
20,00 Euro