I’m a millennial girl in a millennial world
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In Freizeit wird die Geschichte von Franziska erzählt, welche sich frisch nach der Trennung ihres Pariser Freunds in das Autorinnenleben wirft und an ihrem Debütroman schreibt. Hierbei lässt sie sich von dem Leben ihrer Freund*innen inspirieren und versucht eine ganze Generation abzubilden, welche sich zwischen Selbstoptimierungswahn und dem nächsten Matcha Latte mit extra Haferschaum befindet. Dabei entsteht ein analytischer Blick auf das Außen, ein Blick aus der Millennial-Bubble heraus. Mit einer gewissen Selbstironie analysiert Franziska dabei ihr Umfeld und muss schließlich schmerzlich feststellen, dass der Lauf der Zeit auch Beziehungen verändern kann.
Von Sinnsuche und digitalem Nomadentum
Freizeit lässt sich leicht und flüssig lesen, die Satzstrukturen sind nicht sonderlich kompliziert und auch die Story lässt sich zügig erzählen. Leider hat das Buch einige Längen und greift zwar ironisch das Millennial-Leben in der heutigen Zeit auf (was definitiv für das ein oder andere Schmunzeln sorgte), bleibt dabei im Verlauf des Romans jedoch eher oberflächlich.
Als Leserin konnte ich vor allem die sich auseinanderlebenden Freundschaften verwoben mit persönlichen Ängsten und Sorgen nachempfinden. Überträgt man diese auf das Gesamtwerk, entsteht eine Gesellschaftskritik, die thematisch Potenzial hat und mich als Kurzgeschichte mit Sicherheit überzeugt hätte.
Leider habe ich mich darüber hinaus nur bedingt mit den Charakteren identifizieren oder gar Sympathien für diese entwickeln können. Allerdings ist der Aspekt der Freundschaft zwischen Franziska und ihrer einst besten Freundin Mira erfrischend, da anhand der Charaktere treffend dargestellt werden konnte, wie sich das Leben vom Studium hin zu dem „Danach“ entwickelt und ein stückweit seinen Lauf nimmt. Sehr gelungen fand ich auch, dass die Schnelllebigkeit der heutigen Gesellschaft aufgegriffen wurde, die es oft erschwert, seinen eigenen Platz in dieser zu finden. Die Idee eines Romanprojekts (von Franziska) in einem Roman (von Carla Caspari) stellt einen lustigen Twist dar, der auch selbstironisch gedeutet werden kann. Der ständig präsente Drang nach Selbstoptimierung und der Frage nach wirklicher Freizeit, macht den Roman zu einer Gesellschaftsanalyse, die zwar ihre Längen hat, aber auch mit viel Witz wichtige Themen und Gefühle widerspiegelt.
von Karina Hein
Carla Kaspari
Freizeit
Kiepenheuer & Witsch 2022
304 Seiten
15,00 Euro