Game over
—
CW: Blut, emotionaler, mentaler und physischer Missbrauch, Nadeln
—
Mit den schicksalsbeendenden Worten „Du bist tot.“ wird die vorerst namenlose Protagonistin dieser wunderschön gezeichneten Geschichte immer wieder auf ihrem Handybildschirm konfrontiert. Das Dating-Simulationsspiel „Daughter of the Duke – Love Project“ ist dann wohl doch zu schwer. Frustriert schläft sie nach einer durchgespielten Nacht ein, nur um sich dann in ebendiesem Spiel wiederzufinden.
Ursprünglich läuft die Handlung des Spiels wie folgt ab: Das Landmädchen Ivonne findet heraus, dass sie die geliebte, vor einigen Jahren verschollene Tochter des Dukes ist. Als sie zurückkehrt, gilt es diverse Charaktere zu erobern und herauszufinden, was der Plan der Antagonistin ist, die ihren Platz eingenommen hat.
In wessen Körper findet sich unsere Hauptfigur also logischerweise wieder? Richtig, in dem der bösen Gegenspielerin Penelope, und zwar zeitlich etwas bevor die echte „Heldin“ der Geschichte auftaucht.
Dabei fällt schnell auf, dass sich die Kindheiten von Penelope und der neuen Besitzerin ihres Körpers auf quälende Art und Weise ähneln. Beide wurden von Misshandlung und Einsamkeit bestimmt. Deswegen setzt die neue Penelope alles daran, das Spiel irgendwie zu überleben und das ständige „Game over“ in ein „Happy End“ umzuwandeln. Im Klartext heißt das, dass sie bei einem der fünf männlichen Hauptcharaktere 100 % der Sympathiepunkte erreichen muss. Gar nicht so einfach, wenn diese alle nur eine falsche Entscheidung davon entfernt sind, sie zu töten.
„Ist das nicht zu einfallslos? Wenigstens ist der Zeichenstil schön.“
Diese Aussage bezieht sich zwar auf den Dating-Sim, ist zum Teil aber auch auf den Manhwa Penelope zu übertragen. Wem das nach Manga klingende Wort nichts sagt: Es bedeutet, dass diese ursprünglich von einem Web Novel adaptierte Geschichte aus Korea stammt.
Die Kritik der Einfallslosigkeit wirkt dann jedoch nur insofern gerechtfertigt, als dass hier ein relativ typischer Isekai-Plot abgearbeitet wird. Für wen das auch ein neues Wort ist: Bei Isekai-Geschichten stirbt in der Regel ein Charakter in der wirklichen Welt, um dann, oft mit einem gewissen Vorwissen, in einer Fantasiewelt wiedergeboren zu werden.
Mit dieser Vorlage wird allerdings alles andere als einfallslos umgegangen. Das Setting des Spiels und der visuelle Einbau der Spielmechaniken wie beispielsweise die auftauchenden Auswahlmöglichkeiten in den Dialogen sind überaus interessant und geben der Geschichte eine ganz eigene Identität.
Der zweite Punkt des Zitats trifft dann aber ohne Zweifel auf Penelope zu. Denn der Manhwa besticht vollständig in Farbe mit einem wunderbar sauberen und detaillierten Zeichenstil, bei dem die Charaktere unglaublich gut zur Geltung kommen und sich allemal sehen lassen können.
Es bleibt für die nächsten, vermutlich überaus zahlreichen Bände offen, ob es Penelope gelingen wird, mehr als nur das Spiel um ihr Leben zu spielen. Viel interessanter ist doch, ob sie ihr neues Leben auch erleben kann.
von Victoria Dimeo
SUOL & Gwon Gyeoeul
Penelope. Das Böse ist dem Tod geweiht
Aus dem Koreanischen von Katharina Schmölders
Altraverse 2023
260 Seiten
14,00 Euro