Luke Adam Hawker – Der letzte Baum
Luke Adam Hawker – Der letzte Baum

Luke Adam Hawker – Der letzte Baum

Das Flüstern der Bäume

Der letzte Baum starb vor langer Zeit. Als Olivia allerdings ein Gemälde von eben jenem in einem Museum betrachtet, entdeckt sie die Welt der Bäume von Neuem. Sie nimmt die Kraft und Schönheit der Natur, aber auch deren Verletzlichkeit und Schutzbedürfnis auf und tritt mit neuer Lebenskraft in die Realität zurück. Luke Adam Hawkers Bilderbuch für Erwachsene zu den Themen Natur und Wälder ist eindrucksvoll gezeichnet und eindringlich geschrieben.

Die aussagekräftigen und nachdenklich machenden Illustrationen werden von kurzen Texten begleitet. Alleinsein, Einsamkeit sowie Isolation sind nicht nur im Inhalt zu finden, sondern auch bei den Sätzen und deren Anordnung – genauso wie sie aus der diegetischen Welt in unsere überlaufen.

„Der Zug brachte sie nach Hause, Bücher jedoch erlaubten ihnen Reisen zu jedem Ort, den sie sich vorstellen konnten.“ In einer traurigen und kalten Umgebung ohne Wälder wird eine (überraschend) warmherzige Vater-Tochter-Beziehung beschrieben, die von Vorstellungskraft geprägt ist. Die Lesenden folgen der jungen Olivia bei ihrem ersten Abenteuer, bei ihrem Übertritt in einem anderen Ort. Ein Windhauch und fliegende Blätter laden sie ein, in das Bild des letzten Baumes einzutauchen. „Hier verging die Zeit anders, es wurde in Jahreszeiten gezählt, nicht in Sekunden.“ Mutig folgt die Hauptfigur ihrer Fantasie und beschreitet einen Weg, den schon lange keiner mehr gegangen ist.

„Sie unterhielten sich schweigend.“

Schwarze Linien, feine Konturen, sichtbare Schraffur – Die Zeichnungen betonen die monumentale Architektur und die Anonymität der abgebildeten Personen, die sich hervorragend auf die Lesenden überträgt. Im Kontrast stehen hierbei die Größenverhältnisse von Menschen und Umgebung sowie später der Wälder. Einschüchternd, traurig und nostalgisch zeigt sich die Schnelllebigkeit der Masse, in der Bäume nur noch im Inneren eines Museums betrachtet werden können, in der die Verbindung zur erholsamen Natur gekappt wurde. Emotionen werden durch klare und abstrakte Linien zwischen Licht und Schatten hervorgebracht, Vergänglichkeit und Bedrohung korrelieren miteinander. Es entsteht eine Dringlichkeit beim Übertritt der Grenzen, bei der kein Ende am Horizont zu erkennen ist, jedoch auf die Kraft jedes Einzelnen und in der Gruppe hingewiesen wird. Entdeckungen und Erlebnisse im Wald offenbaren Olivia und den Lesenden, welche Schönheit in ihm verborgen ist, was es zu beschützen gilt und wie die Zukunftsperspektiven ohne ihn aussehen.

Der letzte Baum ist ein rundum schön gestaltetes Buch – beginnend beim Cover, dem Buchrücken, dem Vorsatzpapier über die Worte und Bilder hinweg. Die Zeichnungen als Handlungsträger zeigen in Symbiose mit dem Text und der eigenen Imagination so viel mehr. Perfekt als Geschenkbuch geeignet.

von Paula Heidenfelder

Luke Adam Hawker
Der letzte Baum. Ein Samen der Hoffnung
Pattloch 2023
64 Seiten
18,00 Euro

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