Fünf Menschen, fünf verborgene Lebenswünsche und eine Bibliothekarin, die alles zu wissen scheint
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Sayuri Komachi ist Bibliothekarin im Hatori-Gemeinschaftszentrum in Tokio und ihr Beruf bringt es mit sich, dass sie den unterschiedlichsten Menschen Bücher empfiehlt. Auf diese Aufgabe hat sie sich spezialisiert und ihre ganz eigene Technik entwickelt, um herauszufinden, was die Menschen brauchen. Und irgendwie scheint sie die Leute, die zu ihr kommen, besser zu kennen als sie sich selbst. Sie macht ihre Kund*innen auch immer auf ein bestimmtes Buch aufmerksam, das auf den ersten Blick nicht zu deren Interessensgebiet zu passen scheint. Zu diesem speziellen Titel gibt sie stets eine Zugabe in Form eines kleinen selbstgefilzten Objekts und bringt ihr Gegenüber damit zum Nachdenken über das eigene Leben und die Frage nach Zufriedenheit. „Jeder findet seinen eigenen Sinn in der ‹Zugabe›. Das Gleiche gilt für Bücher. Der Leser assoziiert das Geschriebene mit seinem eigenen Leben und zieht etwas sehr Persönliches aus der Lektüre, das vielleicht gar nichts mit der ursprünglichen Absicht des Autors zu tun hat.“ Auf ihre eigene Art blickt die Bibliothekarin ihren Mitmenschen ins Herz und hilft ihnen – ohne aufdringlich zu sein – sich selbst und ihr Leben besser zu verstehen.
„Das auf dem Löffelstil eingravierte Schaf hatte laufen gelernt.“
Michiko Aoyama gibt mit ihrem Roman einen kurzen, aber intensiven Einblick in das Leben fünf unterschiedlicher Menschen, die alle durch den Besuch bei Frau Komachi in der Gemeindebibliothek verknüpft sind. Jedes Kapitel erzählt aus einer anderen Perspektive und führt die Leser*innen in fünf verschiedene Lebenssituationen mit eigenen Wünschen, Träumen und Problemen. Ohne dabei zu pathetisch zu werden, behandelt der Roman viele kleine und auch manch größere philosophische Fragen des Lebens. Die Einfachheit der dargestellten Situationen macht dabei den besonderen Reiz des Buchs aus. So begleiten die Leser*innen durchschnittliche Menschen auf ihrer Reise zur Selbstfindung und zur Erfüllung ihrer Träume, die alle mehr oder weniger alltäglich sind. Ganz automatisch beginnt man sich beim Lesen zu fragen, welche Buchempfehlung Frau Komachi für einen selbst hätte. Frau Komachi empfiehlt ein Buch ist ein philosophischer und tiefgründiger Roman, der die Bedeutsamkeit von Büchern und ihre Wirkung auf die Lesenden bescheiden und dennoch eindrücklich beschreibt. Ein Muss für alle Fans von Büchern über Bücher.
Lea Griesbach
Michiko Aoyama
Frau Komachi empfiehlt ein Buch
Aus dem Japanischen von Sabine Mangold
Rowohlt Kindler 2023
288 Seiten
22,00 Euro