Theater in der bestüberwachten Küche Bambergs
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Rasant, bunt und unkonventionell war die Premiere zu „Happy End – keine Garantie“ von Felix Krakau in einer Inszenierung von Heidi Lehnert des Theaters im Gärtnerviertel am 25.04.2024. Ein Trio der Träume überfiel das Publikum in kulinarischer Umgebung, der LUIONE Cantina, und fesselte es bis zur letzten Minute.
„Achtung, Achtung, das hier ist keine Übung!“ Dolores, die Jüngste (Ursula Gumbsch), Lucky Joe Number Two (Valentin Bartzsch) und Bella Top Secret (Aline Joers) haben die Schnauze voll von den katastrophalen Zuständen der Welt, die unter dem Gewicht der aktuellen Probleme in nächster Zeit unterzugehen droht. Mit einem Angriff auf ein Bamberger Theater, in dessen Keller ein paar sehr vertrauliche Geheimdokumente aufbewahrt werden, soll die Bundesregierung aufmerksam gemacht und zum Handeln gezwungen werden. Natürlich haben die „Schön-Wetter-Gangster“ dafür auch ein paar Forderungen mitgebracht, durch welche sie die Welt vor dem unvermeidlichen katastrophalen Ende bewahren wollen. Schnell wird klar, dass so ein Überfall kein Kinderspiel ist und nicht immer alles nach Plan verläuft. Sie müssen sich nicht nur den Krisen der Welt stellen, sondern stehen auch vor persönlichen Konflikten. Ob am Ende doch alles gut wird?
„Wir sind die zärtlichsten Gangster der Welt, wir wollen doch nur, dass nicht alles zerfällt.“
Dieses Stück ist nichts für schwache Nerven! In einer wortwörtlich fesselnden Inszenierung durchbrechen die Schauspieler*innen beständig die Wand zum Publikum, machen dieses zu ihren Geiseln und letzten Endes auch zu ihren Kompliz*innen. Schon mit der ersten Szene entsteht ein stimmungsgeladener Raum, der zwischen Witz und Menschlichkeit changiert. Ein mitgerissenes Publikum spendet bereits in den ersten Minuten Applaus.
Doch nicht nur auf der inhaltlichen Ebene beweist die Inszenierung Vielseitigkeit. Auf einer minimalistischen Bühne entfalten die farblich den Figuren zugeordneten Kostüme ihre Wirkung und hinterlassen einen Hauch von Gangsterserien-Atmosphäre. Das TiG ist für seine ungewöhnlichen Spielorte bekannt und auch hier wird der Raum – diesmal eine Kantine – zur Gänze genutzt, inklusive der Toiletten. Abwechslungsreich ist das Stück ebenso in seiner auditiven Gestaltung. Kurze aber nicht minder unterhaltsame Sprechchöre, Musik- und Gesangseinlagen erweitern die Handlung und geben den Schauspielenden eine Möglichkeit mehr, ihre Kunstfertigkeit zu demonstrieren.
„Diese Welt retten wir nicht mit Harmonie!“
Hinter der Fassade des Humors blitzen immer wieder die Probleme der Zeit auf und so manches Lachen erstirbt in der Kehle. Klimawandel, Rechtsruck in der Gesellschaft, Kriege und Umweltzerstörung sorgen für ein Ohnmachtsgefühl bei Zuschauer*innen und Figuren gleichermaßen. Dennoch verbleibt die Hoffnung, dass ein Happy End durchaus denkbar ist und durch gemeinsames Handeln mitunter erreicht werden kann.
Auch in dieser Inszenierung gelingt dem TiG somit der Drahtseilakt zwischen Humor und Gesellschaftskritik. Belohnt wurden die Schauspieler*innen mit verdientem minutenlangem Applaus des rundum begeisterten Publikums. Auch wir wurden von der Vorstellung mitgerissen und können einen Besuch nur empfehlen.
P.S. Wer den Mut hat, sich zur Geisel machen zu lassen, könnte mit einem Eis belohnt werden.
Weitere Vorstellungen finden unter anderem am 26.04., 27.04., 02.05., 03.05., 08.05. und 10.05. statt und sind auch auf der Website des TiG mit dem folgenden Link zu finden: https://tig-bamberg.de/termine/.
von Judith Heruc und Lea Griesbach
Von links nach rechts: Valentin Bartzsch, Aline Joers, Ursula Gumbsch © Werner Lorenz
Von links nach rechts: Valentin Bartzsch, Ursula Gumbsch, Aline Joers © Werner Lorenz