Der Tragödie fünfter Teil – das Musical
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Am lichten Abend des 26.04.2024 lud das WildWuchs Theater erneut zu einer Premiere ein. Dieses Mal im Gepäck: “Goethes Starr War’s – Faust des Imperiums” unter der Regie von Frederic Heisig. In einer Galaxie weit entfernt kämpfen die Held*innen mit Reimversen, Rachegeistern und Requisiten.
Diese Produktion des WildWuchs wird auf dem Gelände der Metalluk gezeigt, das mit seiner stillgelegten Fabrik-Ästhetik perfekt zur Erwartungshaltung einer Star-Wars-Parodie passt.
Das Gelände selbst ist groß, weitläufig und unbeheizt, aber dies scheint die Besuchenden nicht zu stören, die zahlreich erschienen und den Zuschauerraum schnell füllten.
Luke und Schein
Die Star Wars Eröffnungsmelodie ertönt zu Beginn des Stücks, stimmkräftig begleitet von einem Chor, der den Polilux-Vorspann mitsingt. Das Ensemble dieser Inszenierung ist groß, neben den vier Hauptrollen, treten diverse Schauspielende in kleineren Nebenrollen immer wieder auf die Bühne, ob nun als dramatischer Hintergrundchor, Handlanger des Imperiums oder Widerstands-Rebelleninnen. Die Inszenierung begeistert mit Requisiten, die die richtige Optik zwischen selbstgebastelt, witzig und nostalgisch treffen, wie dem rollenden Sofa-Falken (mit PlayStation-Lenkung), Nokia-Kommunikationsgeräten, R2-Staubsauger und diversen Pappe-Raumschiffen. Die Schauspielenden sind ähnlich charmant kostümiert, erinnern die Rebelleninnen mit ihren bunten Skianzügen doch an die wilden 70er, während die Sturmtruppen in ihren weißen Schutzanzügen auch gut als Schädlingsbekämpfer durchgehen könnten.
Während die bekannte Handlung von Episode V sich entfaltet, wartet das Ensemble immer wieder mit kreativen Überraschungen auf, wie einem Kuschelbär-Kazoo-Chewbacca, einem putzbesessenen C3PO (Andreas Ellner) unter dem der R2-Staubsauger leiden muss, Polilux-Hologrammen und dem rollenden Sofa-Falken mit Gepäck-Geschütz für Leias Haarschnecken. Weltraumschlachten und Verfolgungsjagden werden durch Schwarzlicht-Spots untermalt, die die Leuchtkraft der Lichtschwerter garantieren.
„Entschuldigt mich beim Dunklen Alten“
Die Sprache der Inszenierung ist fast durchgehend in Reimschema verfasst, je nach Agenda der Figuren mal besser oder schlechter gereimt, immer wieder durchsetzt mit den bekannten, angepassten Versen aus Goethes Faust: „Da steh ich nun, ich armer Tor – mit kalten Füßen im Schneesturm.“
Während Luke (Kristina Greiff) sich auf einen Selbstfindungstrip zu Camper-Yoda (Steven Lüke) begibt, starten Han (Daniel Reichelt), Hühnen-Leia (Sebastian Stahl), C3PO und Kazoo-Chewie in ihre Weltraumodyssee mit dem rollenden Sofa-Falken. Der rollende Falke rollt dabei nicht nur über die Bühne, sondern auch durch den Zuschauerraum, dank einer Rampe, die schon die Ski-Rebellen*innen genutzt haben.
Han und Leias Flirterei wurde, wie alles andere auch, überspitzt dargestellt, was zu einer notgeilen und sexistischen Leia führte, während Han und Luke ihrem Charakter doch sehr nah blieben.
Luke begegnet auf Dagobath einem sehr chilligen Yoda, der entgegen allen anderen Darstellenden nicht im Reimschema spricht, sondern saloppe Alltagssprache. Lukes Ausbildung in der Macht wurde mit Bühnentricks ermöglicht, die eigentlich unsichtbare Rolle der Macht wurde mit einer Schauspielerin (Chrissy Renker) in einem schwarzen Ganzkörperanzug besetzt, die auf pantomimisch-witzige Art die Lücke zwischen Macht und Machen füllt. Lukes Ausbildung gipfelt in einem Drogen-Trip gekrönt von einer Vision, die ihn zurück zu Han und Leia führt.
Auch Darth Vaders Figur entkam der Parodie nicht, das typische Gasmasken-Atmen geriet ein wenig zu laut, sodass es schwer zu verstehen war, was Vader vor sich hin sinnierte. Es wäre nicht Goethes Tragödie, wenn nicht auch Faust selbst auftauchen würde. Lando von Faust-Calrissian entpuppt sich als hinterlistiger alter Lustmolch, der nach seinem Verrat in der Wolkenstadt sofort mit Leia flirtet.
Fast drei Stunden umfasste die Inszenierung, die den aktionsgeladenen Stoff von Episode V in liebevoller Detailarbeit umsetzte. Zum Ende der Premiere gab es donnernden Applaus und begeisterte Rufe aus dem Publikum. Goethes Starr Wars – Faust des Imperiums ist ein rundum gelungenes Stück, das den bekannten und geliebten Stoff erfolgreich parodiert.
Weitere Aufführungen finden am 03.05., 04.05. und 10.05. statt.
von Friederike Brückmann
alle Fotos: © Alexander Roßbach