ETA Hoffmann Theater – Das Spiel von Liebe und Zufall
ETA Hoffmann Theater – Das Spiel von Liebe und Zufall

ETA Hoffmann Theater – Das Spiel von Liebe und Zufall

Eine schrille Rokoko-Fantasie mit Schleifchen

Die alljährlichen Calderón-Spiele vom ETA Hoffmann Theater finden am 29. Juni 2024 ihren Auftakt in der alten Hofhaltung. Trotz brütender Hitze sind die Sitzplätze gefüllt, theaterbegeisterte Menschen strömen in Mengen herbei, um das Spektakel „Das Spiel von Liebe und Zufall“ von Pierre Carlet de Marivaux mitzuerleben. Erfrischend modern wartet die Komödie unter der Regie von Kathrin Mayr an diesem sommerlichen Abend auf.  

GESUCHT:  Junge, unverheiratete Männer.

Das Spiel konzentriert sich auf Silvia (Jeanne Le Moign), der eine arrangierte Ehe bevorsteht. Unglücklich über die bisherigen Kandidaten überredet sie ihre Angestellte Lisette (Antonia Bockelmann), mit ihr die Rollen zu tauschen, um einen unverstellten Blick auf ihren möglichen Zukünftigen zu bekommen. Dummerweise hat besagter Zukünftiger, Dorante (Leon Tölle), die gleiche Idee gehabt und mit seinem Angestellten, Arlequin (Eric Wehlan), ebenfalls die Rollen getauscht. Einzig Madame Orgon (Iris Hochberger), die diese mögliche Ehe eingefädelt hat, weiß um das doppelte Spiel, genießt das sich entfaltende Chaos allerdings in vergnügtem Schweigen.

Silvia steht dem Konzept der Ehe feministisch-skeptisch gegenüber und gerät im Verlaufe des Stücks immer wieder in kleine Zweifel-Spiralen, ob dies wirklich der richtige Weg für sie ist. Ihre Angestellte Lisette hingegen ist Feuer und Flamme für die Ehe und den falschen „Dorante“, der diese Leidenschaft enthusiastisch erwidert. Auch der richtige Dorante erwärmt sich für Silvia und wirft bald mit (musikalischen) Liebesbekenntnissen um sich, die Silvia manchmal umgarnen, aber öfter noch verschrecken. Mit der sich verkomplizierenden Gefühlslage aller Beteiligten steigern sich auch die Gewissensbisse um das Trugspiel und mehr als einmal werden Beinahe-Geständnisse von taktischen Unterbrechungen durch Madame Orgon oder Silvias Bruder Mario (Pit Prager) verhindert. Ein emotionsgeladenes Katz-und-Maus-Spiel entfaltet sich durch die liebevolle Hingabe und Comedy der Schauspielenden, nicht zuletzt befeuert durch ein mitgerissenes Publikum.

B E I L E oder doch lieber L I E B E

Die Inszenierung kommt erfrischend modern daher, einige Dialoge könnten auch aus einem Sketch von TikTok stammen, voller Wortwitz und frecher Sprüche: „Ich bin so sauer, ich fermentiere!“ Moderne Intonationen hauchen den schwülstigeren Zeilen Leben ein, trotz großspuriger Liebesbekundungen wirken die Wortgefechte keinesfalls platt, sondern schwungvoll und verspielt. Die Kostüme sind bunt und charmant überzogen, ebenso das Bühnenbild (Hannah Petersen), das durch seine Muster und bunten Kontraste vor dem dunkler werdenden Abendhimmel leuchtete.

Trotz stehender Hitze schien das Publikum allzeit begeistert, die fast zweieinhalb Stunden Spiellänge fühlten sich wesentlich kürzer an, so lebhaft und mitreißend war das Bühnenspektakel. Gegen Schluss wurde das begeisterte Jubeln der Public Viewings der Fußball-EM aus der Innenstadt gekonnt in die letzten Meter bis zum Happy End eingebunden.

Die Premiere von „Das Spiel von Liebe und Zufall“ war eine rundum gelungene Vorstellung, die die Fantasie anregte, meisterhafte Wortgefechte zeigte und das moderne Interesse des alten Stoffes hervorragend umzusetzen wusste.

Weitere Aufführungen werden noch am 09.07., 10.07., 11.07., 16.07., 17.07., 18.07., 19.07. und 20.07. stattfinden.

von Friederike Brückmann

Bild links (v.l.n.r.): Iris Hochberger, Pit Prager, Leon Tölle, Bild rechts (v.l.n.r.): Antonia Bockelmann, Eric Wehlan

Bild links (v.l.n.r.): Ensemble, Bild rechts (v.l.n.r.): Leon Tölle, Jeanne Le Moign

alle Fotos: © Birgit Hupfeld

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