Mascha Unterlehberg – Wenn wir lächeln
Mascha Unterlehberg – Wenn wir lächeln

Mascha Unterlehberg – Wenn wir lächeln

„Lipgloss, Cherry Cola und Gewaltfantasien“

CW: (sexualisierte) Gewalt, Suizid

Mascha Unterlehbergs Debütroman erzählt die Geschichte von Jara und Anto. Die beiden lernen sich beim Fußballspielen kennen, Jara ist fasziniert von Anto und sie freunden sich schnell an. Jara ist in sich gekehrt und kommt aus sozioökonomisch eher schlechter gestellten Verhältnissen, während Anto wie eine selbstbewusste Draufgängerin wirkt und aus wohlhabenderem, aber abwesendem Elternhaus stammt. Und doch dreht sich ihre Welt bald umeinander und sie verbringen jede freie Minute zusammen. Gemeinsam werden sie im Ruhrgebiet der 2000er Jahre erwachsen: „Zusammenhalt ist der Deal, das ist es, woran wir glauben, und deshalb ist alles, was wir machen, für mich vor allem eins: die Möglichkeit, unsere Freundschaft noch ein bisschen größer werden zu lassen, noch ein bisschen glänzender.“

Unterlehberg fängt mit Jara und Anto die Ambivalenz von Freundinnenschaft, besonders in den prägenden Jahren des Erwachsenwerdens, ein: Beste Freundin und dennoch Konkurrentin; so vieles, das man gemeinsam erlebt, aneinander anvertraut und manches, das man trotzdem bewusst für sich behält; fast wie Schwestern sein, aber auch Neid, Eifersucht und Missgunst. Die Komplexität von ungleichen Machtverhältnissen, Fragilität und Endlichkeit von Solidarität sowie Abhängigkeit im Kontext von Freundinnenschaft arbeitet die Autorin eindrücklich heraus.

„Fremde Blicke von fremden Männern, die schon viel gesehen haben mussten, so viel älter als wir, und uns trotzdem für würdig befanden, uns sahen und wir wurden größer dabei und erwachsener und wurden es doch nicht.“

Jara und Anto wachsen aber auch in einer patriarchalen Gesellschaft auf; einer Gesellschaft, die minderjährige Mädchen sexualisiert und Misogynie früh erfahren lässt. Auch wenn Jara und Anto noch nicht die Worte dafür haben, die Erlebnisse prägen sie genauso und die Wut im Bauch wächst mit jedem weiteren mehr. Sie ziehen um die Häuser, demolieren, machen ihrer Wut Luft, auch wenn immer wieder die Angst durchscheint: „Dass ich sein Grinsen in dem Moment nicht mehr ertragen habe, weil ich alles nicht mehr ertragen habe, alles schon seit einer ganzen Weile unerträglich geworden war?“

„Die Stadt gehört uns.
Die Stadt gehört nicht immer uns, und manchmal fühlt es sich an, als wäre sie nicht auf unserer Seite.“

Die Autorin erzählt Wenn wir lächeln aus Jaras Perspektive in kurzen Kapiteln und Absätzen, die präzise und mit einer stakkatoartigen Sprache auch viel Atmosphäre zwischen den Zeilen abbilden. Ungekennzeichnete Rückblenden und Dialoge ohne Anführungszeichen mögen im ersten Moment irritieren, beweisen sich aber als stilistisch bereichernd, da sie die Stimmung des Getriebenseins transportieren.

Mascha Unterlehbergs Debüt ist aufgrund der klugen Auseinandersetzung mit der Ambivalenz von Freundinnenschaft und dem Einfangen des Erwachsenwerdens als Frau in den 00er-Jahren zu empfehlen!

von Michaela Minder

Mascha Unterlehberg
Wenn wir lächeln
DuMont 2025
256 Seiten
23,00 Euro
ISBN: 978-3-7558-0036-1

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