Ingmar Bergman – Das siebente Siegel
Ingmar Bergman – Das siebente Siegel

Ingmar Bergman – Das siebente Siegel

Schachspiel mit Gevatter Tod


Ist die Existenz Gottes mit dem großen Leid in der Welt vereinbar? Ingmar Bergman stellt genau diese Frage in seinem Schwarzweißfilm Das siebente Siegel (schwedischer Originaltitel: Det sjunde insegle). Der im Jahr 1957 auf Schwedisch erschienene Film wurde am 13.05.25 einmalig in Originalfassung im LICHTSPIEL Bamberg unter der Reihe MITTELALTER IM FILM (in Kooperation mit der Altgermanistik der Uni Bamberg) gezeigt. Die Zuschauer*innen werden mit dem spätmittelalterlichen Ritter Antonius Block (Max von Sydow) konfrontiert, der seinen Glauben hinterfragt und dem Tod (Bengt Ekerot) buchstäblich in die Augen sieht.

Der schwedische Ritter Block kommt nach einem Kreuzzug mit seinem Knappen Jöns (Gunnar Björnstrand) in seine Heimat zurück und findet das Land im eisernen Griff der Pest. Gleich zu Beginn trifft Block auf den Tod höchstpersönlich – seine Zeit sei gekommen. Der Ritter fordert den Tod zu einer Partie Schach auf, die über sein Schicksal entscheiden soll. Im Laufe des Films werden die beiden diese Partie immer wieder fortführen, sie steht aber eher im Hintergrund der Handlung. Die dadurch gewonnene Zeit möchte der zweifelnde Antonius Block nämlich nutzen, um den Sinn seines Lebens zu ergründen und um sich mit seinem schwankenden Glauben auseinanderzusetzen. Im Angesicht der Grausamkeiten, die der schwarze Tod verbreitet, zweifelt Block stark an seinem Gott, für den er ursprünglich ins Heilige Land gezogen ist. Zusammen mit Jöns beginnt der Ritter eine surreale Reise durch das mittelalterliche Schweden, wobei er auf diverse Figuren trifft, die verschiedene Perspektiven auf seine Fragen nach dem Sinn des Lebens, dem Tod und dem Glauben bieten. In der Auseinandersetzung mit diesen Persönlichkeiten werden dem Publikum immer wieder Antworten auf Blocks Fragen präsentiert, seien es Hoffnung und Liebe, Rationalität und Logik, Wahnsinn und Aberglaube oder Resignation und Leere…

„Ich will Wissen, keinen Glauben […].“

Es wird deutlich, dass der Film immer wieder durch starke Kontraste gekennzeichnet ist. Die Allgegenwärtigkeit der Pest und des Todes wird durch düstere, dunkle und bedrückende Szenen erzählt. Es sind sehr ernste, mit passender Musik untermauerte Sequenzen. Im Kontrast dazu steht bspw. die Zirkusfamilie. Tauchen sie auf, wird das Bild heller und die Gespräche heiterer. Treffen die einzelnen Nebenfiguren aufeinander, werden Witze erzählt und Lieder gesungen. Bergman wechselt immer wieder vom Hellen ins Dunkle und andersherum.  Dieser starke Kontrast zwischen Düsterkeit und Heiterkeit kann jedoch auch als unpassend und der Thematik nicht gerecht, in der Konsequenz als störend empfunden werden. Durch den Humor und die Lockerheit läuft dieses spezielle Gefühl, das der Film durch seine beeindruckende Atmosphäre immer wieder schafft zu erzeugen, in Gefahr, verloren zu gehen.

In den 90 Minuten versucht der Regisseur also viele komplexe Themen zu verarbeiten. Neben dem bereits erwähnten Existenzialismus ist Das siebente Siegel auch ein religiöser Film; bereits die Anspielung auf die Johannesoffenbarung im Titel verdeutlicht das. Es gibt eine Beichte, die Figur Jesu taucht öfters auf und eine Prozession wird abgehalten (allein schon wegen dieser so furchteinflößenden und beeindruckenden Szene sollte man dem Film eine Chance geben). Im Hintergrund zu all dem steht ständig die von Block gestellte Theodizee-Frage, es könnte also ein durchaus atheistischer Film sein. Im Kern geht es schließlich um einen Kreuzfahrer, der sein Leben für den Glauben gegeben hätte, jetzt aber, mit dem Tod konfrontiert, an genau diesem zweifelt.

„Das Schwerste auf dieser Welt ist das Glauben. Es ist, als würde man jemanden lieben, der draußen in der Finsternis ist und der sich nie zeigt, wenn man nach ihm ruft.“

Wie wohl jeder Film von Ingmar Bergman ist auch dieser sehr kryptisch und reich an Symbolik. Es ist ein Film, der den*die Betrachter*in fordert und zum Interpretieren anregt; eben kein Hollywood-Einheitsbrei. Bergman kaut die Themen nicht vor, er lässt, ganz im Gegenteil, vieles offen. Am Ende des Films wird jede*r eine ganz eigene Interpretation und Deutung des Gesehenen haben. Genau das ist das Schöne: Das Nachdenken, Philosophieren und Diskutieren. Durch seine universelle und existenzielle Thematik bleibt Das siebente Siegel zeitlos und heute noch genauso relevant und sehenswert wie vor 70 Jahren.  Man muss sich allerdings bewusst sein, dass es keine leicht zugängliche Unterhaltung ist, sondern eine, die, wenn sie verstanden werden will, viel Aufmerksamkeit und Zeit erfordert. Daher ist dieser Klassiker der Filmgeschichte vor allem Fans des Mediums an sich zu empfehlen, die tiefer in die Welt und Möglichkeiten der Filme eintauchen wollen und die nötige Motivation mitbringen. Aber auch Personen, die einmal etwas anderes als den oft generischen Blockbuster sehen wollen, kann dieser tiefgründig philosophische Film nur nahegelegt werden.

von Vincent Berwind

Ingmar Bergman
Das siebente Siegel

Schweden 1956
97 Minuten
FSK 16

Bilder: © by STUDIOCANAL

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