Rebecca K Reilly – Greta & Valdin
„Dieses Buch ist für heiße Menschen mit Autismus, Stadtmenschen, Menschen, deren Ethnizität mit anderen verwechselt wird, queere und trans Menschen, die es satthaben, immer stark sein zu müssen und die einfach bloß Witze reißen wollen, für große Frauen und für die Hater.“
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Rebecca K Reillys Debüt Greta & Valdin, ins Deutsche übersetzt von Jasmin Humburg, spielt in Neuseeland und erzählt anhand der Geschichte der titelgebenden Geschwister von den Irrungen und Wirrungen den eigenen Weg zu finden und der Komplexität intersektionaler Identität.
Greta und Valdin haben maori-russisch-katalanische Wurzeln, leben zusammen in Auckland und straucheln mit Mitte beziehungsweise Ende 20 durch Liebesbeziehungen, Karriereumschwünge, Lebensvorstellungen und ein miteinander verwobenes Familienleben. Valdin hängt noch an seinem Ex-Freund Xabi und Greta rennt unglücklich verliebt ihrer Kollegin Holly hinterher. Reilly thematisiert in Greta & Valdin eindrücklich die Crux an Lebensentwürfen: internalisierte Erwartungen von außen, Gefühle der Unzulänglichkeit, wenn die Realität vom vermeintlichen Ideal abweicht, die Suche danach und die Kraft zum Festhalten am eigenen Weg, dem eigenen Leben. Mentale Gesundheit wird auf feinfühlige Art thematisiert und die Multidimensionalität von (ethnischer) Identität verdeutlicht.
„Du machst sein Leben nicht kaputt, indem du ein Teil davon wirst.“
Abseits der miteinander verwobenen Beziehungen der verschiedensten Familienmitglieder und Charaktere sorgen die diversen Figuren und ihre (ähnlich klingenden oder sogar identischen) Namen teilweise für Verwirrung und amplifizieren das (liebenswerte) zwischenmenschliche Durcheinander auf stilistische Weise. Eine vorangestellte Auflistung der Charaktere mit ihren Namen und einer kurzen Erklärung ihrer Rolle zur Zuordnung ist hilfreich, aber trotz wiederholten Zurückblätterns braucht man mit fortschreitendem Plot manchmal einen kurzen Moment, bis man alle Personen wieder für sich sortiert hat. Davon sollte man sich beim Lesen aber nicht entmutigen lassen, sondern sich vom Sog der Geschichte Greta und Valdins mitreißen lassen.
Reilly schafft es einen Roman zu schreiben, der einen laut lachen lässt, aber auch berührt. Die Stärke von Greta & Valdin liegt im nuancierten Figurenspektrum, bei dem die Nebencharaktere alles andere als nebensächlich sind. Auch wenn die Geschichte fast ausschließlich aus Gretas oder Valdins Perspektive erzählt wird und hierbei extensiv von Gedankenströmen Gebrauch gemacht wird, werden Personen aus dem Familien- und Freund*innenkreis mit eingebetteten Erzählungen oder im pointierten Dialog nahbar herausgearbeitet, so dass es eine Freude ist, all die vielschichtigen Charaktere um Greta und Valdin herum kennenzulernen.
Rebecca K Reilly hat ihr Debüt Greta & Valdin mit treffendem Witz und Charme geschrieben, tariert die Multidimensionalität von Identität aus und erzählt mit viel Wärme – eine Empfehlung!
von Michaela Minder

Rebecca K Reilly
Greta & Valdin
Aus dem Englischen von Jasmin Humburg
Gutkind 2025
416 Seiten
24,00 Euro
ISBN: 978-3-98941-076-3