„Du fandest so viel Sein in so wenig, während ich überall nach Sinn suchte und absolut gar nichts fand.“
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CW: Drogenkonsum, homophobes Verhalten, Suizidversuch
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In einem ungewöhnlich großen Format (28,8×25,7cm) wartet dieser illustrierte Roman von Simon Stålenhag auf. Aus der Mischung von Zeichnungen und kürzeren Textabschnitten gelingt eine berührende Coming-of Age Geschichte, die vor dem Hintergrund des mysteriösen Svartlöten in Schweden spielt. Diese Forschungsanlage für Waffensysteme wurde nach einer Explosion 1975 zur Sperrzone erklärt und wird auch Jahre später noch unter Verschluss gehalten.
Wir begleiten in kurzen Episoden durch die Jahre 1999-2025 den im nahegelegenen Torsvik aufgewachsenen Linus. Nach seinem Umzug und Schulabschluss rutscht er in eine depressive Phase und kehrt an diesen Ort seiner Kindheit und auch zu seinem Kindheitsfreund Valter zurück.
Dieser ist von Svartlöten und den Geheimnissen und Abnormalitäten der Zone regelrecht besessen. Er bessert nicht nur seinen Geldbeutel mit Plünderware wie Schwebekugeln aus den verlassenen Fahrzeugen auf, sondern schießt auch unzählige Fotos und versucht die kosmischen Geheimnisse des Ortes zu entschlüsseln. Denn seit der Explosion ist es ein Ort unmöglicher Geografie, an dem ein Tal in das Nächste übergeht und dann wieder im ersten endet und in dem die Zeit ineinander zerfließt. Valter versucht Linus von seinem Vorhaben zu überzeugen und während die beiden sich über die Jahre voneinander weg und wieder zueinander hin entwickeln, sind sie immer wieder gemeinsam in der Sperrzone unterwegs.
„Bei unserer Expedition ging es jetzt nicht nur um Svartlöten, sondern um noch mehr.“
Die ganze Erzählung bleibt trotz ihrer phantastischen Züge recht neutral, deskriptiv und wirkt wie eine Sammlung von Erinnerungen, die Linus im Nachhinein an Valter schreibt. Obwohl diverse Sci-Fi Technologien vorkommen, fühlt sich die Geschichte an, als wäre sie in unserer Realität angesiedelt. Das liegt auch daran, dass es Stålenhag gelingt, ein überaus authentisch wirkendes Bild von den zwei jungen Schweden und ihrer Umgebung zu zeichnen. So trifft er beispielsweise während einer Feier gut den grenzwertigen und derben Humor der frühen Zweitausender, wenn einige der Gäste sich über ihre weiblichen Eroberungen auslassen.
Nicht unerwähnt dürfen natürlich die vom Autor selbst angefertigten Zeichnungen bleiben. Sie sind nicht nur schönes Beiwerk, sondern machen die Erzählung mit ihrem teilweise stark photorealistischen Stil um ein Vielfaches nahbarer.
Es wird eindrucksvoll deutlich, wie verlassen die Einöde von Svartlöten ist und wie winzig die Menschen im Vergleich zu der riesigen verlassenen Maschinerie der Sperrzone wirken. Doch Stålenhag gelingt es, all dem eine unglaubliche Schönheit zu geben. Das hängt auch damit zusammen, dass die Zeichnungen überaus lebendig wirken, wenn beispielsweise Linus im Regen stehend seine Arme hochgezogen hat, um die Hände in den Jackenärmeln zu wärmen.
Obwohl einige Mysterien der Geschichte ruhig etwas ausführlicher hätten erklärt werden können, ist aus Swedish Machines ein überaus gelungenes Gesamtkunstwerk geworden.
von Victoria Dimeo

Simon Stålenhag
Swedish Machines
Übersetzt aus dem Schwedischen von Stefan Pluschkat
Fischer Tor 2025
184 Seiten
38,00 Euro
ISBN 978-3-596-71139-0