Wenn der Name Programm ist
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Das christliche Sachbuch Gott hat einen Namen von John Mark Comer wurde aus dem amerikanischen Englisch von Silke Gabrisch übersetzt und das Original erschien bereits 2017 unter dem Titel God has a name. Nach dem Erfolg der anderen vier deutschsprachigen Bücher von Comer folgt jetzt Gott hat einen Namen. Diesmal widmet sich der Autor der Frage „Wer ist Gott?“. Im Zentrum der Antwort steht der Bibelvers aus 2.Mose 34,6-7:
„Jahwe, Jahwe, Gott, barmherzig und gnädig, langsam zum Zorn und reich an Gnade und Treue, der Gnade bewahrt an Tausenden <von Generationen>, der Schuld, Vergehen und Sünde vergibt, aber keineswegs ungestraft lässt, <sondern> die Schuld der Väter heimsucht an den Kindern und Kindeskindern an der dritten und vierten <Generation>.“
Das Buch arbeitet sich systematisch an dem Bibelvers ab und erläutert strukturiert die einzelnen Satzteile. Die Kapitel gliedern sich dabei in verschiedene Sinnabschnitte: Geschichten, Jesus und Wir. Dadurch gelingt es Comer nachvollziehbar und sehr gut sortiert seine theologischen Gedanken zu entfalten. Außerdem wird dadurch eine zuverlässige Grundlage gelegt, um in jedem Kapitel auf den biblischen Kontext, den Bezug zu Jesus und die Relevanz für die Lesenden einzugehen. An besonders schwer verständlichen Stellen nutzt er übersichtliche Grafiken für nähere Erklärungen.
Trotz der guten Struktur ist es nur mit theologischem und biblischem Vorwissen zuverlässig möglich Comers Gedanken zu folgen und alles zu verstehen. Viele Ausführungen sind sehr komplex und häufig wird der hebräische Urtext erklärt. Comer geht dabei detailliert auf verschiedene Wortbedeutung und Lesarten ein, was zum einen sehr interessant ist, zum anderen aber auch leicht zu Überforderung führen kann.
„Der Psalmist betet dafür, dass Jahwes Charakter ihn nazart, dass er über ihn wacht und ihn vor dem Bösen bewahrt, insbesondere vor bösen Menschen. […] Er möchte sichergehen, dass du seine häsäd bekommst. “
Obwohl viele Abschnitte sehr anspruchsvoll sind, schreibt Comer im gewohnten lockeren Ton und verwendet anschauliche Beispiele – viele direkt aus seiner Lebensrealität. Nach schwierigen Sätzen motiviert er die Lesenden durch Passagen wie: „Mir ist bewusst, wie schockierend meine Behauptungen für manche Menschen sein können. Aber es lohnt sich, dem weiter nachzugehen.“
Comer wagt sich an viele herausfordernde Themen, die leider nicht alle umfassend und ausreichend kritisch beleuchtet werden, wie beispielsweise den Zorn Gottes und Endzeit. Es ist aber deutlich ersichtlich, dass er sich um Gründlichkeit bei gleichzeitiger Komplexitätsreduktion bemüht. Dabei neigt er zu Verallgemeinerungen und unterstellt den Lesenden teilweise, dass sie seiner Meinung sind oder ähnliche Gedanken wie er haben.
„Vielleicht liest du die Bibel anders. Das ist in Ordnung. Aber in einer Sache gibst du mir hoffentlich recht: Wenn wir unsere Theologie von ein paar einzelnen Leckerbissen aus der Bibel und einem Mischmasch aus unserer eigenen Sichtweise, der Popkultur und den sich ständig weiterentwickelnden […] ethischen Weltbewegungen der westlichen Kultur prägen lassen, dann haben wir am Ende einen »Gott«, der einfach nur eine Projektion unseres eigenen Wunschdenkens ist.“
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Buch trotz der genannten Schwachstellen für alle zu empfehlen ist, die theologischen Tiefgang mögen und nicht den Anspruch haben, alles sofort beim ersten Mal zu verstehen. Es lohnt sich, Comers Ausführungen aufmerksam zu folgen, kritisch zu hinterfragen und mit anderen Bibelauslesungen zu vergleichen.
von Jasmin Fuchs

John Mark Comer
Gott hat einen Namen
aus dem Englischen von Silke Gabrisch
R. Brockhaus 2025
256 Seiten
23,00 Euro
ISBN 9783417010374