Erwartungshaltungen an die Liebe
CW: Transfeindlichkeit
Im Rahmen der Queerfilmnacht wird im November Sauna von Mathias Broe in allen teilnehmenden Kinos gezeigt – so auch im Bamberger Odeon.
Basierend auf dem gleichnamigen Roman von Mads Ananda Lodahl (Die Rezension dazu erscheint in unserer kommenden Ausgabe) erzählt Sauna die Geschichte einer jungen Liebe, ihren Herausforderungen und von den Gräben innerhalb der schwulen Community.
Johan (Magnus Juhl Andersen) versucht mit One-Night-Stands aus durchfeierten Nächten oder Hookups von Grindr der Einsamkeit zu entkommen – Möglichkeiten, die er in der dänischen Provinz nicht hatte und ihn deshalb dem schwulen Kopenhagen frönen lassen. Eine solche Sex-Date-Verabredung über Grindr lässt ihn William (Nina Rask) kennenlernen. Außer einem kurzen Innehalten, als er merkt, dass William trans ist, lässt er sich nicht aufhalten und will William wiedersehen.
Die Exklusivität schwuler Männlichkeitsbilder
Johan arbeitet in der schwulen Herrensauna Adonis, einem Ort, an den „Männer kommen, um Sex mit Männern zu haben“. Sein bester Freund Asif (Dilan Amin) arbeitet dort ebenfalls – eine wichtige Figur, die den Rassismus innerhalb der schwulen Community offenlegt: weiße Männer, die sich daran aufgeilen, welcher Oppression Asif vermeintlich in seinem religiösen und ethnischen Umfeld ausgesetzt war, um sich dann von ihm dominieren zu lassen, weil sie ihn fetischisieren.
Johan nimmt William mit in die Sauna – eine der markanten Abweichungen von der Romanvorlage – doch der Besitzer schmeißt William hinaus, da er seine Identität nicht anerkennt. Diese Szene, die die Transfeindlichkeit innerhalb der schwulen Community trans Männern gegenüber so eindringlich zeigt, erscheint besonders schmerzlich, da im Roman der Inhaber ebenfalls William Hausverbot erteilt, aber dies Johan mitteilt, nachdem William in der Sauna war. Es ist fraglich, warum es diese gesteigerte, demütigende Neuschreibung der Szene William Lippert (Drehbuch) nach brauchte.
Dieser weitere Graben innerhalb der schwulen Community wäre auch mit einer romantreueren Szene genauso transportiert worden – die Referenz zu anderen schwulen Etablissements, die eine Einlasspolitik betreiben, die sich auf „als Mann wahrgenommen“ beruft und bzw. oder faktisch transexklusiv sind, wäre auch so gegeben.
„Ich habe dir so viel gegeben.“ „Ich habe dich nie darum gebeten.“
Anhand von William wird im Film auf die prekäre Situation der Abhängigkeit von trans* Menschen auf institutioneller Ebene aufmerksam gemacht. ,Die Klinik‘ entscheidet darüber, ob ihm eine Hormontherapie genehmigt wird und sieht es als nicht glaubhaft an, dass jemand ein trans Mann und schwul sei – verweigert also und William ist auf Testogelreste seiner Freunde angewiesen. Die Wartezeit für eine kassenärztlich übernommene Mastektomie beträgt mehrere Jahre, folglich will William die Tausende von Kronen dafür selbst aufzubringen. Johan beschließt heimlich William dabei zu unterstützen und greift zu Mitteln, die nicht die erhoffte Dankbarkeit bei William auslösen. Die Konfliktlinie, die daran im Film diskutiert wird, zeugt erneut von der Vielschichtigkeit, mit der Broe den Themenkomplexen begegnet. Wenige Sequenzen und kurze Dialoge reichen aus, denn ihre Wirkungsmacht strahlt darüber hinaus.
Dem Partner sinnlich das Testogel in die Haut massieren
Besonders gelungen ist ebenfalls, dass sich nicht davor gescheut wird, schwules Leben auch da zu zeigen, wo die Performanz in Realität übergeht. In einer der ersten Szenen, als sich Johan für ein Grindr Sex-Date fertigmacht, wird nicht nur der obligatorische Outfitcheck und der Blick in den Spiegel, um die Frisur zu richten, gezeigt. Der Film geht auch über das sonst überwiegend höchste der Gefühle, das Bereitlegen eines Kondoms, hinaus: Broe zeigt Johan, wie er die Spitze der Analdusche mit Gleitgel einschmiert, um sich zu spülen. Johans Arbeit in der Herrensauna, die nicht nur das Bedienen heißer Typen beinhaltet, sondern auch das Auswaschen der Glory Holes mit einem Putzschwamm, wird ebenso dargestellt. Den Sexszenen zwischen William und Johan wird mit viel Sinnlichkeit begegnet, die aber nicht überretuschiert werden, und das bewährt sich ungemein: ein unsicheres Lachen oder der kurz unbeholfene Umgang mit einem Dildo sind fade to black oder steriler Performativität allemal vorzuziehen.
Sauna speist sich anfangs aus vielen Dunkeleinstellungen, wodurch umso deutlicher das Licht, das William anfangs in Johans Einsamkeit bringt, markiert wird. Szenen am Strand, als die glücklichen Tage des jungen Paares, blenden im Vergleich fast. Als sich die Einsamkeit doch wieder schwer auf Johan legt, weil er sich in Williams queerem Umfeld als Außenseiter fühlt, wird dies erneut eindrucksvoll über die Lichtdramaturgie verhandelt.
Sauna diskutiert die Gräben innerhalb der schwulen Community offen und zeigt eine junge Liebe, die versucht, in ihrer Beziehung Brücken zu bauen – eine mitreißende Verfilmung, die die individuelle Sehnsucht nach Akzeptanz mehrschichtig eindringlich transportiert.
Die Queerfilmnacht im Odeon kann auch hier wieder nur ausdrücklich empfohlen werden: Immer am dritten Dienstag des Monats – im Dezember folgt Dreamers von Joy Gharoro-Akpojotor.
von Michaela Minder
Mathias Broe
Sauna
dänisch-schwedische Originalfassung mit deutschen Untertiteln
Dänemark 2025
105 Minuten
FSK 16




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