David und Tamara im grünen Bugatti
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Die Kuratorin Dawn Hoskin – bekannt für die eröffnende Ausstellung We Are Queer Britain!, die vom Juli 2022 bis April 2023 im Queer Britain, dem ersten Museum Großbritanniens mit Fokus auf LGBTQIA+-Geschichte – widmet sich in Eine kurze Geschichte der queeren Kunst der queeren Kunst(geschichte).
Als Einführungsband richtet sich das Buch an ein breites Publikum. Folglich werden Gruppen mit unterschiedlichen Wissensständen gleichermaßen abgeholt. Dies wird ermöglicht durch eine didaktisch kluge Unterteilung in Kunstrichtungen, Werke, Themen und Wendepunkte, wodurch sich der Band in beliebiger Reihenfolge lesen lässt.
Die Epocheneinführung reicht von Renaissance über Afrofuturismus bis zu Streetart und Internetkunst. Die Vorstellung einzelner Werke macht deutlich, wie vielfältig queere Kunst ist; einerseits auf Materialien bezogen, da klassische Gemälde genauso wie Installationen, Assemblagen, plastische Kunst, Fotografie und Videokunst Betrachtung finden, aber andererseits auch auf die Inhalte, die künstlerisch transportiert werden. Letzteres wird eingehend im dritten Abschnitt des Bandes, der sich den Themen queerer Kunst widmet, aufgezeigt. Queere Codes, Wahlfamilien, Safe Spaces oder Gender-Identitäten sowie viele weitere Themen lassen sich in den Werken finden, sei es als dezidiertes Anliegen der Künstler*innen oder als subtilere Auseinandersetzung damit. An verschiedenen Beispielen zeichnet Hoskin dieses Spektrum nach. Abschließend befasst sich der Band mit den Wendepunkten queerer Kunst, mit „Schlüsselmomente[n] sozialer und kreativer Divergenz, die das Aufblühen gewagterer queerer Äußerungen erlaubten; Einflüsse[n] querer Kunstschaffender auf die restliche Kultur sowie konkrete[r] Werke, die in der Kunstwelt und darüber hinaus Mauern durchbrachen“.
Ein Band, der sich dezidiert mit Queerness befasst, zu ihrer Sichtbarmachung in der Kunst beitragen möchte und das als Einführungsband transportiert, sollte dies jedoch mit sensibler Sprache tun. Mehrmals lassen sich – jedenfalls in der deutschen Übersetzung von Katrin Höller – falsche und negativ reproduzierende Formulierungen finden. Als Richtigstellung: es heißt beispielsweise trans Mensch und Geschlechtsangleichung. An anderen Stellen wechselt das Gendern ohne Anhaltspunkt zwischen der inklusiven Form mit Sternchen und der binären Version. Diese Inkonsistenz lässt sich leider auch im Beitrag zu Glucks Werk Medaillon (YouWe) hinsichtlich der Pronomen finden. Das ist unzureichend, gerade in einer solchen Publikation, und wird hoffentlich bei eventuellen weiteren Auflagen korrigiert.
Besonders gelungen ist hingegen die Gestaltung der Seiten in allen vier Teilen. Es werden – stets in einem sehr übersichtlichen Layout – Schlüsseldaten, wichtige Künstler*innen sowie Entwicklungen, andere relevante Werke der Künstler*innen und Informationen zu ihrer Person genannt. Durch diese weiterführenden Angaben lässt man sich beim Lesen gerne treiben, googelt beispielsweise eines der ergänzend genannten Werke oder blättert dank der Querverweise auf die entsprechenden Seiten der anderen Rubriken. Somit lässt sich ein umfassenden Leseerlebnis generieren, von dem sich vielseitig profitieren lässt und mit dem man ganz den eigenen Interessen nachspüren kann.
Dawn Hoskins Eine kurze Geschichte der queeren Kunst ist ein didaktisch geschickt gelöster Überblicksband zur queeren Kunst(geschichte), der seinem Ansatz gerecht wird, auch wenn die Umsetzung durch die fehlende Konsistenz queersensibler Sprache zu wünschen übriglässt.
von Michaela Minder

Dawn Hoskin
Eine kurze Geschichte der queeren Kunst
Aus dem Englischen von Katrin Höller
Laurence King 2025
224 Seiten
22,00 Euro
ISBN 978-3-96244-436-5