Ozan Zakariya Keskinkılıç – Hundesohn
Ozan Zakariya Keskinkılıç – Hundesohn

Ozan Zakariya Keskinkılıç – Hundesohn

Spermanasse Socken und Gebetsteppiche

Ozan Zakariya Keskinkılıç, Politikwissenschaftler, Lyriker und freier Autor veröffentlichte bereits das Sachbuch Muslimaniac. Die Karriere eines Feindbildes sowie den Gedichtband Prinzenbad und legt nun sein Romandebüt Hundesohn vor. Vielfach lobend besprochen wurde es ebenfalls für mehrere Auszeichnungen nominiert und erhielt den ZDF-»aspekte«-Literaturpreis 2025.

Eine Liebeserklärung an einen Nachbarsjungen in Adana und an den Glauben

Keskinkılıç tariert in Hundesohn schwules Begehren und (muslimischen) Glauben aus. Der Roman ist eine Symphonie des Wartens, die richtungsweisend für die Erzählung ist. Protagonist Zeko lebt in Berlin und wartet neun Tage lang darauf, Hassan wiederzusehen. Hassan, der im türkischen Adana lebt und den er nur sieht, wenn er seine Großeltern dort besucht. Hassan, den Zekos Großvater beleidigend ,Hundesohn‘ nennt – eine Bezeichnung, die Zeko übernimmt und ins Liebevolle erweitert. Andere Männer, Bekanntschaften von Grindr oder vom Cruising, mit denen er sich versucht vom Warten abzulenken, werden einer nach dem anderen an Hassan gemessen.

Von Sprachen als Zungen, die sich gegenseitig verschlingen

Keskinkılıç als Lyriker verwandelt seine Prosa in eine feine Komposition, die ein ganz besonderes Verhältnis zu Sprache transportiert. Schwules Verlangen und schwuler Sex werden ebenso sinnlich wie derb in Worte gehüllt. Die Omnipräsenz des Glaubens lässt das Spirituelle auch in diese Dimensionen wabern und markiert sämtliche Rückbeziehungen des fragmentarischen Textes. Die Intersektionalität von Diskriminierung wird ebenfalls einprägsam zum Ausdruck gebracht: „Keine türkische, arabische, muslimische Schwuchtel kann sich auf der Straße sicher fühlen, egal, wie viel Schwanz sie in der Hose trägt. Unser Mannsein rettet uns nicht, wenn unsere Hautfarbe, unsere Religion wie Müll an uns kleben.“ Die Erzählung plätschert im bestgemeinten Sinne vor sich hin, einen konkreten Plot gibt es nicht und braucht es auch nicht, da der Fokus auf dem Schatz der Sprache liegt, den Keskinkılıç den Lesenden offenbart. Die einzige Enttäuschung des Textes ist die despektierliche Formulierung „Titten der Tussi“ und die inkorrekte Benennung von trans* Frauen.

Ozan Zakariya Keskinkılıçs Hundesohn ist als eine poetische Hymne zu Sehnsucht, Zugehörigkeit, schwulem Begehren und Glauben zu empfehlen.

von Michaela Minder

Ozan Zakariya Keskinkılıç
Hundesohn
Suhrkamp 2025
219 Seiten
24,00 Euro
ISBN 978-3-518-43254-9

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