Boris Koch – Moorläufer
Boris Koch – Moorläufer

Boris Koch – Moorläufer

Auf dem Pfad der Irrlichter 


Content Warning: physische und psychische Gewalt, Tod

Ein nebelverhangenes Moor, Irrlichter und Alchymisten – dieser Hook verbunden mit einem atmosphärischen Cover lädt sofort ein, in den Fantasy-Roman Moorläufer – Im Reich des letzten Drachen von Boris Koch einzutauchen. Im Zentrum der Handlung steht der junge Milan, ein angehender Torfstecher. Deren Aufgabe ist es, im Moor den kostbaren Nachttorf für die Alchymisten abzubauen, auch wenn sie ein jedes Mal dessen Gefahren auf sich nehmen: Sumpfkriecher, Irrlichter und der letzte Drache, der Nachtwyrm. Doch dann fällt seine Schwester genau diesem zu Opfer und seine Eltern laden ausgerechnet auf Milan die Schuld dafür ab, sodass er sich zunehmend in die Moore flüchtet und zum Moorläufer wird.

Von der Düsternis des Moors und der Seele

Es ist eine Geschichte, die genau das verhandelt und anhand verschiedener Figuren durchspielt – die Frage nach Schuld, gleichzeitig nach Stolz und Ehre und inwieweit sie miteinander korrelieren. Kann man daran vielleicht sogar zerbrechen? Gerade zu Beginn nimmt sich der Roman viel Zeit, dies zu ergründen, ebenso wie die Einsamkeit, die daraus entsteht. Teilweise wirken manche Erzählpassagen beinahe redundant, aber das unterstreicht auch umso mehr die Auswirkungen auf den Protagonisten. Milan ist dabei ein durchaus spannender Charakter, da er kein strahlender Held ist, sondern immer wieder scheitert: an der Welt und ihren Menschen, der Ungerechtigkeit, die sie ihm entgegenbringen, allen voran seine Eltern. Unter die Haupthandlung mischt sich schließlich auch eine zarte Liebesgeschichte, die bis auf die Eröffnung einer neuen Grundmotivation, nämlich dem Handeln aus Liebe, jedoch eher im Hintergrund bleibt.

Ruhig und atmosphärisch 

Der Fokus liegt darüber hinaus auf dem Moor selbst. Boris Koch gelingt es hervorragend, mit Worten eine derart dichte und auch düstere Atmosphäre zu weben, dass es einen wahrlich vor dem Moor graut. Das Worldbuilding, das in Moorläufer eröffnet wird, beschränkt sich zwar weitestgehend auf die Stadt Nebelbruch, überzeugt aber durch viele greifbare Details, die den Ort, die Menschen und natürlich die Magie dort lebendig werden lassen. Der Schreibstil mutet dabei in seiner Kombination aus Schlichtheit und Bildgewalt beinahe märchenhaft an, bleibt jedoch auch immer etwas auf Distanz zu den Figuren. Gerade aufgrund der ruhig erzählten ersten Hälfte, die lange offenhält, wohin sich die Geschichte entwickelt, durchbricht der Roman teils gängige Erzählmuster, sodass spätere Wendungen durchaus überraschen und die Geschichte schließlich in eine unerwartete und spannende Richtung lenken. Dies resultiert schließlich in einem starken letzten Drittel, das alle Fäden zusammenführt und den Einzelband zu einem runden, wenn auch vergleichsweise schnellen Ende bringt. 

Abschließend ist zu sagen, dass Moorläufer insbesondere durch seine Atmosphäre besticht, mit der Verhandlung essentieller Fragen wie Trauerbewältigung und nach dem Kern des eigenen Daseins den Prozess des Erwachsenwerdens nachzeichnet und dabei spannende Verwicklungen bereithält. Gerade für die düstere Jahreszeit eine Empfehlung!

von Vanessa Wagner 

Boris Koch
Moorläufer. Im Reich des letzten Drachen
Droemer Knaur 2023
400 Seiten
16,99 Euro

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