Hika Harada – 3000 Yen fürs Glück
Hika Harada – 3000 Yen fürs Glück

Hika Harada – 3000 Yen fürs Glück

(Finanzielle) Wege zum Glück

„Wie du 3000 Yen [etwa 23€] verwendest, kann über dein ganzes Leben entscheiden.“ So sieht es zumindest Großmutter Kotoko Mikuriya. Wenngleich sie diese Weisheit schon früh an ihre Tochter Tomoko und ihre beiden Enkeltöchter Miho und Maho weitergibt, finden diese sich im Laufe des Romans in ganz unterschiedlichen finanziellen Lagen wieder. So begleiten die Leser*innen vier japanische Frauen aus drei Generationen durch verschiedene Phasen ihres Lebens. Während Miho als junge Berufstätige über ihre ungewisse Zukunft nachdenkt und ihre Schwester Maho es sich zum Ziel gesetzt hat, genügend Geld für die eigene Tochter beiseitezulegen, zweifelt Mutter Tomoko an ihrer Ehe und fragt sich, ob sie sich eine Scheidung überhaupt leisten könnte. Doch auch Großmutter Kotoko ist von Sorgen geplagt und überlegt, ob der Schritt aus der Rente zurück in die Berufstätigkeit der richtige Weg für sie sein könnte.

Hika Harada erzählt in ihrem Roman 3000 Yen fürs Glück – Ein Familienroman über die Kunst des Sparens weniger eine kohärente Geschichte als vielmehr einzelne Episoden aus verschiedenen Erzählperspektiven. Die Leser*innen verfolgen so die mal mehr, mal weniger ausführlicheren, teils ghibli-esque anmutenden Alltagsszenen der vier Frauen (sowie die eines nicht zur Familie gehörenden Mannes) und erhalten Einblicke in deren Gedanken- und Gefühlswelten. Diese Herangehensweise hat einerseits zur Folge, dass man einen relativ breiten und abwechslungsreichen Überblick über das Leben japanischer Menschen unterschiedlichen Alters bekommt. Andererseits fehlt es vielen Figuren dadurch mitunter an Tiefe und es fällt teilweise schwer, eine Verbindung zu den Charakteren aufzubauen oder ihre Handlungen und Sorgen nachzuvollziehen. Wie es nach einem Abschnitt mit der jeweiligen Person weitergeht, lässt sich häufig nur durch spätere Randbemerkungen erfahren oder gar erahnen. 3000 Yen fürs Glück zielt somit nicht, wie der Untertitel vermuten lassen könnte, darauf ab, die Geschichte einer einzelnen Familie umfassend zu erzählen, sondern schafft durch die kurzen Kapitel repräsentativer Figuren vielmehr einen Spiegel der Generationen in der heutigen japanischen Gesellschaft.

Sparen auf Japanisch

Ein Thema, das sich im Vergleich zu den wechselnden POVs beständig durch den gesamten Roman zieht, ist die Kunst des Sparens. Diese wird an manchen Stellen expliziter behandelt als an anderen, jedoch immer wieder mit der japanischen Wirtschaftsgeschichte oder aktuellen Situationen auf dem Arbeits- oder Finanzmarkt in Verbindung gebracht. Auf diese Weise erfährt man Wissenswertes über die Entwicklung der japanischen Wirtschaft und wie diese das Leben japanischer Familien beeinflusst hat. Generell gewährt Haradas Werk Einblicke in die japanische Kultur und ihre vielfältigen Traditionen, die die Übersetzerin Cheyenne Dreißigacker gekonnt übersetzt hat und die sogar in einem Glossar am Ende des Buches zusammengefasst werden. Neben dieser kleinen Übersicht gibt es zudem eine Download-Vorlage für ein ‚Kakeibo‘ genanntes Haushaltsbuch, das für die Spargewohnheiten der Familie Mikuriya eine zentrale Rolle spielt. Auch wenn einige Spartipps im Roman sich wohl eher auf das Leben in einer japanischen Großstadt anwenden lassen, macht dieses Download-Angebot das Gelesene für Interessierte auch konkret auf ihren eigenen Alltag übertragbar. 

Ein trockener Finanzratgeber ist der Bestseller aus Japan trotz seiner Themenwahl aber nicht. Zwar denken die Protagonist*innen alle auf ihre Weise über Geld(nöte) nach, doch das Augenmerk liegt stets darauf, wie Geld das eigene Verhalten, die Stimmung und besonders zwischenmenschliche Beziehungen beeinflusst. 3000 Yen fürs Glückist damit eine Geschichte, die im Slice-of-Life-Stil auf die vielfältige Gesellschaft Japans blickt. Harada liefert zwar keine nie da gewesenen Erkenntnisse oder Weisheiten, bietet aber doch den ein oder anderen Reflexionsansatz und sorgt für angenehme Lesestunden.

von Alicia Fuchs

Hika Harada
3000 Yen fürs Glück – Ein Familienroman über die Kunst des Sparens
Aus dem Japanischen von Cheyenne Dreißigacker
Dtv 2023
304 Seiten
23,00 Euro

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