Eleanor Janega – Die ideale Frau
Eleanor Janega – Die ideale Frau

Eleanor Janega – Die ideale Frau

Der reale Irrsinn oder: This is (still) a man’s world

Sie ist ein unheimliches und vor allem unberechenbares Mysterium. Warm, weich und feucht – und dann wandert sie auch noch umher! Darüber waren sich zumindest Männer in der Antike einig. Im Mittelalter baute Mann auf diese ‚herausragende‘ Vorarbeit in Sachen Weiblichkeit auf. Denn: Die Hysterie hervorrufende Gebärmutter stand sowieso seit dem Sündenfall paradigmatisch für die Wurzel allen Übels. Die Mediävistin Eleanor Janega deckt diese und weitere unglaubliche Absurditäten der dunklen Vergangenheit in ihrem populärwissenschaftlichen Sachbuch Die ideale Frau auf und macht deutlich, wo mittelalterliche und deshalb eigentlich reaktionäre Ideologien noch heute Bestand haben.

Die ideale Frau

Die ideale Frau des Mittelalters hatte weiße Haut, kleine Brüste, einen runden Bauch und kräftige Oberschenkel. Außerdem war sie jung (jugendlich), jungfräulich und schön, ohne durch eigenes Zutun – sprich: Haarentfernung, Mode oder Kosmetik – das Werk Gottes, ihren Körper, zu blasphemieren. Nach Verheiratung war sie natürlich folgsame Mutter und Ehefrau, sie führte den Haushalt, arbeitete aber auch auf Feldern, in Brauereien, als Näherin. Und unter keinen Umständen hatte sie Sex aus purem Vergnügen. Es war ihre Pflicht, für Nachkommen zu sorgen. Geschlechtsverkehr darüber hinaus oder gar Selbstbefriedigung? Sünde! So sahen das Männer.

Ein soziales Konstrukt kann dekonstruiert werden! 

Die ideale Frau, das war vor allem für sie, die Herren der Schöpfung, harte Arbeit. Sahen sie sich doch in der Verantwortung, Frauen (schon ab Kindesalter an) „zu zähmen“ – eine Notwendigkeit für ein friedliches Zusammenleben, das versteht sich von selbst. Häufig mit einem Augenzwinkern, manchmal etwas salopp, aber immer informativ und fundiert argumentiert Janega in pointierten Kapiteln gegen männliche Narrative wie dieses. Und sie zeigt: Weiblichkeit ist ein soziales Konstrukt und wir haben es in der Hand, es zu dekonstruieren. Noch immer werden Frauen unterjocht – in Partnerschaften, in der Arbeitswelt, nachts auf der Straße. Noch immer werden Frauen sexualisiert. Noch immer wird Frauen gesagt, wie sie auszusehen und zu sein haben, was sie können und was nicht. Zwischen uns und dem Mittelalter liegen Jahrhunderte. Wollen wir uns nicht endlich lossagen?

von Luisa Bader

Buchcover "Die ideale Frau"

Eleanor Janega
Die ideale Frau. Wie uns mittelalterliche Vorstellungen von Weiblichkeit noch heute prägen
Propyläen 2023
352 Seiten
26,00 Euro

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