ETA Hoffmann Theater – Marie-Antoinette oder Kuchen für alle!
ETA Hoffmann Theater – Marie-Antoinette oder Kuchen für alle!

ETA Hoffmann Theater – Marie-Antoinette oder Kuchen für alle!

„Dann fresst doch Kuchen!“

Diesen Satz schreit Marie-Antoinette dem hungernden Volk entgegen, welches auf den Straßen nach Brot lechzt. Sie und ihr Ehemann, König Ludwig XVI., treibt vor allem eine große Angst um: vergessen zu werden. Die anstehende Hinrichtung, die schon etliche Male verschoben wurde, oder ein möglicher Freitod – all das würden die beiden in Kauf nehmen, wenn ihre Namen doch nur nicht in Vergessenheit geraten. Unter der Regie von Martin Schulze wurde das Stück „Marie-Antoinette oder Kuchen für alle!“ am 01.12.2023 im Großen Saal des ETA Hoffmann Theaters zum ersten Mal auf die Bühne gebracht.

Die von Peter Jordan clever konzipierte Komödie folgt der von Alina Rank grandios verkörperten Königin Marie-Antoinette. Diese ist auf Schloss Versailles gelangweilt und genervt von den protestierenden Menschenmengen. Die Nerven liegen blank; das einst pompöse Dasein der Monarch*innen ist Geschichte. Die einzigen Gefährt*innen, die ihr und Ludwig XVI. geblieben sind, sind das Kammermädchen Cécile (Jeanne Le Moign), der Kammerdiener Jean-Pierre (Daniel Seniuk) und der Hofmusiker (Robin Laumeyer), der für viele lustige Momente sorgt.

„Mangeons les riches“

Nach 20 Jahren Tortur durch Langweile reicht es. Das Königspaar will es endlich zu Ende bringen. Dazu baut Ludwig XVI., dessen prunkvolle Aufgeblasenheit Stephan Ullrich ganz wunderbar spielt, eine Guillotine – oder war es doch eine Paulette? Der Kardinal de Rohan, eine ehemalige Mätresse des Königs, ein Jakobiner, Robespierre und ein zehnjähriger Napoleon Bonaparte mischen das Stück auf. All diese Figuren werden von Daniel Seniuk, Jeanne Le Moign und Stephan Ullrich dargestellt, wodurch das Stück mit nur fünf Schauspielenden auskommt. Diese verstehen sich jedoch bestens darauf, in kürzester Zeit ihre Rollen zu wechseln und ihren Figuren eine ganz eigene Note zu verleihen. Dazu tragen auch die wunderschönen historischen, teils parodischen Kostüme bei. Ort des Geschehens ist das ganze Stück über ein Saal im Schloss Versailles, dessen Stadium zwischen Prunk und Verfall gut getroffen ist. Das Bühnenbild wartet mit vielen liebevollen Details auf, sodass sich die Zuschauer*innen schnell in das Stück hineinfinden können. Es kommen außerdem viele Requisiten zum Einsatz – wobei die Guillotine wohl die wichtigste Rolle spielt…

Die wichtigsten Fragen des Stücks lauten: Wie können Marie-Antoinette und Ludwig XVI. ihren Ruf retten? Wo ist eigentlich das berühmte Halsband der Königin? Wo zur Hölle gibt es den Kuchen, über den alle sprechen? Und wer frisst hier eigentlich wen?!

„Die Revolution frisst ihre Kinder, und Robespierre frisst Kuchen!“

Während die erste Hälfte des Stücks vor allem durch humorvolle Dialoge, starke Wortwitze, Parodien und heitere Gesangs- und Musikeinlagen besticht, kommen im zweiten Teil viel Blut und makabre Entwicklungen ins Spiel. Nachdem das Publikum nun ausführlich an das Leben der beiden Monarch*innen gewöhnt ist und das Gefühl der langweiligen Isolation, die sich nur durch Humor aushalten lässt, hervorragend transportiert wurde, nimmt die Handlung Fahrt auf. Ein oder zwei unbeabsichtigte Morde geschehen, die aufgebrachten Bürger*innen melden sich vermehrt zu Wort – plötzlich geht es wieder um alles. Das bedeutet allerdings auch, dass die Leichtigkeit der ersten Hälfte etwas abhandenkommt. Es passiert viel in kürzester Zeit und die Zuschauer*innen müssen aufmerksam bleiben, um der Geschichte folgen zu können. Der Fokus der Komik verlagert sich nunmehr auf die Absurdität der Begebenheiten anstatt auf die Dialoge der Figuren. Auch das hat jedoch Charme, und durch die Einbringung von kurzen Witzen und zahlreichen raffinierten Anspielungen wird das Publikum weiterhin bestens unterhalten bis zum krönenden Schluss geführt, der das Stück etwas kontrastierend und insgesamt eher sentimental abrundet.

Der Abend hat in erster Linie Spaß gemacht! Ganz nebenbei regt das Stück dazu an, diese heitere Atmosphäre dennoch zu hinterfragen und die fatale Ungleichheit zwischen Arm und Reich zu bemerken. „Marie-Antoinette oder Kuchen für alle!“ ist eine clevere Komödie, die einen erfrischend lustigen Blick auf das Leben der französischen Monarch*innen nach deren Sturz wirft.

Das Stück ist noch an den folgenden Terminen im ETA Hoffmann Theater zu sehen: 15.12., 16.12., 28.12., 30.12., 31.12., 03.01. sowie 05.01.2024.

von Theresia Seisenberger und Jessica Weber

Bild links oben: Alina Renk, Stephan Ullrich (v.li.) (© Martin Kaufhold)
Bild Mitte oben: Alina Renk, Daniel Seniuk (vorne v.li.), Stephan Ullrich (hinten) (© Martin Kaufhold)
Bild rechts oben: Alina Renk, Stephan Ullrich, Daniel Seniuk (v. li.) (© Martin Kaufhold)
Bild unten: Alina Renk, Daniel Seniuk, Stephan Ullrich (v.li.) (© Martin Kaufhold)

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