Ute Mank – Elternhaus
Ute Mank – Elternhaus

Ute Mank – Elternhaus

Entwurzelt

Die vier Wände, in denen man Laufen gelernt, der Schreibtisch, an dem man die ersten Hausaufgaben gemacht hat, das Wohnzimmer, in dem nur sonntags in feinen Kleidern gesessen werden durfte – Elternhäuser sind mit vielen Erinnerungen und einem allgegenwärtigen Gefühl von Nostalgie verbunden. Das Haus, dessen Keller voll mit Einmachgläsern der Mutter steht, für die die Treppe hinab aber zu einem Hindernis geworden ist. Wie geht man damit um, wenn die Eltern zu alt sind, um in diesem Haus zu bleiben? Ute Mank versucht in Elternhaus eine Antwort auf die Frage zu finden, wohin Kindheitserinnerungen gehen, wenn sie nicht mehr im ehemaligen Zuhause konserviert werden und wie man mit dem Älterwerden der eigenen Eltern umgehen kann.

Sanne ist die älteste von drei Schwestern und hat sich ein Leben in der Heimat aufgebaut, wo sie sich auch um ihre Eltern kümmert. Als sie beschließt, dass diese nicht mehr im alten schmalen Haus bleiben können, hält sie es nicht für notwendig, ihrer weggezogenen und entfremdeten Schwester Petra von dem Umzug zu erzählen. Als diese davon erfährt, ist sie außer sich – in jedem Winkel des Elternhauses stecken sentimentale Erinnerungen an die eigene Kindheit. Während Sanne pragmatische Lösungen sucht und die Verantwortung für alles trägt, hat Petra das Gefühl, entwurzelt zu werden. Beide fühlen sich unverstanden – und seit wann reden sie eigentlich nicht mehr miteinander?

Von den Nächsten weit entfernt

Kommunikation in der Familie kann schwierig sein. Das Gefühl, die andere Person in- und auswendig zu kennen, dieser aber umgekehrt nicht zuzutrauen, sich in einen selbst hineinzuversetzen, führt zu vielen Momenten des Schweigens, wenn es eigentlich etwas zu sagen gäbe. Sanne und Petra erzählen abwechselnd ihre Geschichte und die Leser*innen merken schnell, dass die beiden Schwestern ebenso viel verbindet wie trennt. Ute Mank nähert sich schnörkellos der Frage, wie das Älterwerden der eigenen Eltern existentielle Krisen auslösen kann. Vor allem die Schilderungen, wie sich Geschwisterbeziehungen im Laufe des Lebens ändern können, obgleich ein bestimmtes Band nie ganz verschwindet, bauen Emotionalität zu den beiden unterschiedlichen Protagonistinnen auf. Durch Manks klaren Schreibstil wird Elternhaus zu einer schnellen Lektüre, die aber trotzdem Tiefgang besitzt und sich wunderbar für die kalte Jahreszeit eignet. 

                                                                                                                       von Antonia Rick

Ute Mank
Elternhaus
dtv 2023 
304 Seiten
22,00 Euro

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