Teresa Simon – Die Reporterin: Worte der Wahrheit
Teresa Simon – Die Reporterin: Worte der Wahrheit

Teresa Simon – Die Reporterin: Worte der Wahrheit

Eine Frau im Jahrzehnt des Aufbruchs 

CW: Depressionen, Gewalt, Rassismus, Sexismus, Suizid, Trauma

Im zweiten Teil der Dilogie rund um die Reporterin Malou Graf verwebt Teresa Simon erneut die Zeitgeschichte der 1960er Jahre mit dem emotionalen Schicksal der Protagonistin, die sich ihren Platz in einem damals von Männern dominierten Beruf erkämpfen muss. Bereits im ersten Teil durften wir Malou dabei begleiten, wie sie sich im München der 60er Jahre einen Namen als Gesellschaftsreporterin bei der Zeitung „Der Tag“ machte und durch ihre respektvolle Art, den Stars der Zeit Geheimnisse zu entlocken, sowohl bei ihren prominenten Interviewpartner*innen als auch bei ihren Leser*innen beliebt wurde.

Teresa Simon hat eine Vorliebe für außergewöhnliche Schicksale und historische Details, die sie als Historikerin akribisch recherchiert und geschickt in ihre Geschichten einarbeitet. Sie erzählt zahlreiche Details über prominente Persönlichkeiten, die mit ihrer Kunst in den 1960er Jahren das Leben vieler Menschen bereicherten. So wird erklärt, warum das Ende von Otis Reddings „Sittin‘ on the dock of the day“ gepfiffen wird, und nicht nur Malou hat im zweiten Teil der Reporterin mit Ohrwürmern zu kämpfen. Passenderweise wird die Lektüre durch eine Playlist der vorkommenden Songs komplettiert. 

„Spüren wir nicht alle den Aufbruch, der unsere Gesellschaft gerade erfasst?“

Malou nimmt die Prominenten ernst und führt sie nicht vor, was ihr Interviews mit Größen wie Romy Schneider, den Rolling Stones oder Roy Black ermöglicht. Zugleich wird im Roman das Zeitgeschehen rund um die neu eingeführte Verhütungspille, die Frauen- und Menschenrechtsbewegung oder der Umgang mit Homosexualität behandelt: Themen, die sich in der Aufbruchsstimmung der 60er Jahre entwickelten, die Simon meisterhaft einfängt, und die bis heute ausnahmslos Aktualität besitzen. Malous Berichterstattung rund um die Ermordung Martin Luther Kings und dessen zurückbleibende Frau Coretta Scott King berührt ebenso wie die Schilderung Andi Baaders unterhält: „null Manieren […] findet sich unwiderstehlich. Ist er aber nicht.“  

Privat muss Malou mit dem Vorurteil kämpfen, das bis heute anhält, dass eine Frau Mutterschaft und Beruf nicht unter einen Hut bringen kann. Gleichzeitig werden die Geheimnisse ihrer Familie und der Cliffhanger aus Teil 1 aufgelöst. Malou lüftet nicht nur die Geheimnisse der Promis, sondern findet auch für die Mysterien um ihre eigene Herkunft endlich Worte der Wahrheit. Eine große Leseempfehlung für jede*n, der sich für die 1960er Jahre, deren hochaktuelle Themen oder einfach für eine unterhaltsame Lektüre interessiert.  

von Nina Schäfer

Teresa Simon
Die Reporterin: Worte der Wahrheit
Heyne 2023
430 Seiten
12,00 €

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