Wenn Logik plötzlich Kopf steht
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Am Sonntag, den 25. Juni, kurz vor 15 Uhr herrschte aufgeregtes Stimmengewimmel im Burggraben der Bamberger Altenburg. In eng besetzten Reihen warteten Kinder und Erwachsene in freudiger Erwartung darauf, die fantastische Geschichte von Alice im Wunderland auf der Bühne zu erleben. Diesen wahren Klassiker der Weltkinderliteratur hat das Kinder- und Jugendtheater Chapeau Claque neu adaptiert.
In der Bühnenfassung von Regisseur Martin Neubauer wird die über 150 Jahre alte Geschichte von Alice, die einem sprechenden weißen Kaninchen folgt und in einer paradoxen Welt voller eigentümlicher Gestalten landet, kindgerecht und humorvoll erzählt. Ein Ensemble aus nur vier Schauspieler*innen erweckt dabei 14 verschiedene Rollen aus dem ersten als auch aus dem zweiten Teil (Alice hinter den Spiegeln) von Lewis Carolls weltberühmter Geschichte zum Leben. Seien es der Autor Charles Lutwidge Dodgson alias Lewis Caroll, der stotternd in seine eigene Geschichte einführt, ein Spiegelritter mit britischem Akzent, der sinnlose, aber dafür einzigartige Erfindungen macht, oder die herrische Herzkönigin, die jedem Widersacher sofort den Kopf abschlagen lassen möchte – die Schauspieler*innen Maria Adriana Albu, Pascal Averibou und Valentin Kärner beweisen große Wandlungsfähigkeit und überzeugen in jeder Rolle erneut. Sie gehen im Spiel der eigentümlich schrägen Bewohnerinnen und Bewohner des Wunderlands spürbar auf und bringen Kinder wie Erwachsene mit lebhafter Mimik, großartigem Comedic Timing, einfallsreichen musikalischen Einlagen und viel Bewegungsfreude immer wieder zum Lachen.
Farbenfrohe Kostüme mit Liebe zum Detail unterstreichen dabei das abwechslungsreiche Spiel der Schauspieler*innen ebenso wie das Bühnenbild, das die Möglichkeiten der Burggraben-Kulisse gekonnt ausnutzt. Das Wunderland wird dabei so in Szene gesetzt, dass es optisch anspricht, ohne überladen zu wirken und vom Geschehen abzulenken.
„Ich habe Logik nie ausstehen können“
Alice selbst, frisch und überzeugend gespielt von Laura Barthel, wandelt auf der Suche nach Orientierung in einer von Paradoxa und Unsinn geprägten Welt von Begegnung zu Begegnung. So nimmt sie an einer Teegesellschaft teil, deren Teilnehmer*innen buchstäblich einen im Tee zu haben scheinen, wenn sie Ratschläge geben wie „Sei das Sein im seienden Sein, welches sich im Sein des Seins im Seienden selbst bestimmt, sei’s drum.“ Verstanden? Na, sei’s drum – denn im Wunderland ist Logik ohnehin nicht erwünscht. Das begreift auch Alice spätestens dann, als sie mit der Herzkönigin Mini-Golf spielen soll und in Ermangelung jeglicher Spielregeln keine Chance hat zu gewinnen. Ab diesem Moment wird eine deutliche Entwicklung in ihr spürbar: Aus ursprünglichem Angst- und Unterlegenheitsgefühl erwächst der Mut, sich diesem Irrsinn zu widersetzen und der Königin die Stirn zu bieten. Sie zeigt dem Publikum, dass man allein keinesfalls hilflos ist, sondern aktiv für sich einstehen und dadurch etwas an seiner Situation verändern kann. Um viele Erfahrungen reicher, kehrt Alice schließlich in ihre eigene Welt zurück und erwacht auf dem Schoß ihrer Schwester. Ob all diese Erlebnisse wirklich nur ein Traum waren? Das Stück lässt es offen. Ob die Inszenierung jedoch auf ganzer Linie gelungen ist? Daran besteht kein Zweifel.
Die nächsten Spieltermine finden statt am 09.07. und 16.07. jeweils um 11 und 15 Uhr, am 30.07. um 15 Uhr, am 03.08. um 17 Uhr, am 06.08. um 11 und 15 Uhr, am 10.08. um 17 Uhr, am 13.08. um 11 und 15 Uhr, am 17.08. um 17 Uhr, am 20.08. um 11 und 15 Uhr, am 24.08. um 17 Uhr, am 27.08. um 11 und 15 Uhr, am 31.08. um 17 Uhr, am 03.09.und am 17.09. um jeweils 11 und 15 Uhr.
Weitere Informationen können der Homepage www.kindertheater-bamberg.de entnommen werden.
von Ulrike Golz
© Guido Apel
v.li.na.re: Maria Adriana Albu, Valentin Kärner, Laura Barthel, Pascal Averibou