Markgrafentheater Großes Haus – Bewohner
Markgrafentheater Großes Haus – Bewohner

Markgrafentheater Großes Haus – Bewohner

Die Erzählung der Menschen

Am Freitag, den 23.05.2025 feierte Bewohner im Großen Haus des Erlanger Markgrafentheaters Premiere. Für ungefähr 90 Minuten interagieren Johannes Benecke und Tomas Mielentz mit Handfiguren (Puppenbau: Hagen Tilp) in Moritz Sostmanns Inszenierung, indem sie über das Leben der Puppen als Menschen mit Demenz sprechen. Zu Beginn der Aufführung setzen sich die beiden Männer an einen Tisch und fangen an, über die Menschen zu erzählen, die auf einer Demenzstation wohnen. Dort gibt es persönlich und beruflich unterschiedliche Menschen, aber am Ende ihres Lebens bleiben sie an einem Ort mit derselben Krankheit – der Demenz.

Wir sind eine Geschichte.

Ein Mann, der auf dem Tisch neben einer Puppe sitzt, raucht und spricht sie an. Während er spricht, läuft die Musik und sie ruft Erinnerungen der Puppe aus der Vergangenheit ab. Sie, als Darstellung der Menschen, erinnert sich nur sehr bruchstückhaft an ihr Leben. Nicht nur eine Puppe erzählt, sondern drei Puppen erscheinen nacheinander mit der Unterstützung der Menschen und erzählen eine Geschichte nach der anderen. Was sie erzählen, sind Geschichten aus dem alltäglichen Leben nach dem Krieg, von einer italienischen Gastarbeiterin in Deutschland, einem Banker und einem Drogenabhängigen. Bei der Erzählung der Italienerin kann man besonders lebhaft mitfühlen, denn ihre damaligen Gedanken werden auf Italienisch gesprochen. Es gibt dazu Untertitel, und die darauf folgende Vorstellung am 24. Mai wurde zusätzlich mit einer Übersetzung in deutsche Gebärdensprache und Audiodeskription aufgeführt. Diese ruhigen, aber emotional schmerzhaften Erinnerungen begleiten nicht nur die Vergangenheit der Figuren, sondern bieten auch eine Reflexions- und Identifikationsfläche für die Zuschauer*innen. Obwohl auf der Bühne Puppen auftreten, empfindet man sie aufgrund ihrer anschaulichen Lebensgeschichten und lebensnahen Darstellungen als echte Menschen. Die Bühnenbeleuchtung passt sich ebenfalls der Stimmung der Geschichte auf vielfältige Weise an.

Bewohner beschäftigt sich mit einem ernsthaften Thema des menschlichen Daseins. Es ist durchaus schwer zu ertragen, und die Zuschauer*innen könnten beklemmende Gefühle empfinden. Was noch zusätzlich Unbehagen auslösen könnte, ist die Erkenntnis, dass solche Menschen, die ein schweres Leben führen, ganz in unserer Nähe sein könnten. Sie sind neben uns, oder wir könnten selbst dazugehören. Während die Zuschauer*innen, angestoßen durch die Darbietung, in vielfältigen Gedanken versinken, beenden die Schauspieler ihre Performance erfolgreich. Die Geschichte mag eine Komödie oder Tragödie sein, aber sie handelt unbedingt von uns. Somit sind wir alle ein Teil dieser weiteren Menschengeschichte.

Weitere Aufführungen finden am 26.06., 27.06., und 28.06.2025 statt.

von Si hyun Joo

Bilder: Iko Freese

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