Sebastian Fitzek – Das Kalendermädchen
Sebastian Fitzek – Das Kalendermädchen

Sebastian Fitzek – Das Kalendermädchen

Auf den blutigen Spuren eines schaurigen Dorfmärchens

CW: Blut, Folter, Selbstverletzendes Verhalten, Suizid, Tod

Olivia Rauch, Professorin für forensische Psychologie, hat nur ein Ziel: das Leben ihrer elfjährigen Adoptivtochter Alma zu retten. Alma leidet an Leukämie und braucht dringend eine Knochenmarkspende. Doch weder Olivia noch ihr Exmann Julian kommen als Spender in Frage. Entschlossen begibt sich Olivia auf die Suche nach Almas leiblichen Eltern. Die Adoptionsbehörden halten die Identität der leiblichen Mutter jedoch streng unter Verschluss, weswegen sich dieses Vorhaben schon bald als sehr schwierig erweist. Ihre Suche droht zu scheitern, bis sie eines Tages einen entscheidenden Hinweis erhält, der Olivia in die Tiefen des Frankenwaldes in ein kleines, verschlafenes Dörfchen führt. Die Mutter folgt der Spur des sagenumwobenen Kalendermädchens. Eine düstere Legende, die das Dorf bis heute in Atem hält und von einer jungen Frau erzählt, die einst in einem Haus am Rande des Dorfes von einem Psychopathen festgehalten und dazu gezwungen wurde, jeden Tag aufs Neue ein Türchen des Grauens zu öffnen.

Was zunächst wie ein makabres Märchen anmutet, entwickelt sich für Olivia zur beklemmenden Realität. Olivia realisiert schließlich, dass das Schauermärchen um das Kalendermädchen enger mit dem Schicksal ihrer Tochter verwoben ist, als sie je zu vermuten gewagt hätte. Schon bald steht nicht mehr nur das Leben ihrer Tochter, sondern auch ihr eigenes auf dem Spiel.

Zwischen Spannung und inszenierter Irreführung

Die Geschichte rund um Olivias verzweifeltes Vorhaben wird aus zwei Perspektiven erzählt: Neben Olivia dürfen die Leser*innen auch eine zweite Figur kennenlernen, deren Identität zwar lange unbekannt bleibt, was deren Geschichte aber nicht weniger spannend macht. Der stetige Wechsel zwischen beiden Sichtweisen erzeugt ein hohes Maß an Dynamik und verdichtet die Spannung, wodurch der*die Leser*in schon früh an die Seiten gefesselt wird.

Wie gewohnt gelingt es Fitzek, in einem hohen Erzähltempo mitreißende Spannung zu erzeugen. Mit sicherem Gespür für Dramaturgie, überraschende Wendungen und geschickt platzierte Cliffhanger versteht Fitzek es, seine Leser*innen immer wieder auf falsche Fährten zu locken. Kaum scheint sich der Verdacht eines*r möglichen Täter*in zu verhärten, wird er im nächsten Kapitel bereits wieder ins Wanken gebracht. Obwohl der Thriller dadurch bis zur letzten Seite spannend bleibt, wirkt vor allem die Auflösung stellenweise überkonstruiert und wenig plausibel. Besonders auffällig ist dabei, dass Fitzek über weite Teile der Erzählung hinweg gezielt Informationen zurückhält, die der Hauptfigur längst bekannt sind. So werden die Lesenden lange im Unklaren gelassen, obwohl die Hinweise rasch zur Auflösung der Handlung führen könnten.  Diese künstliche Informationslücke lässt einige Wendungen forciert wirken und raubt dem Plot stellenweise die innere Logik.

Leser*innen, die sich nicht an bewusst inszenierten Spannungsmomenten und überzeichneten Szenarien stören, werden mit einem fesselnden Pageturner belohnt, der das Genre zwar nicht neu erfindet, aber es routiniert bespielt. Alles in allem ist Fitzek mit Das Kalendermädchen ein Psychothriller gelungen, der trotz kleinerer Schwächen unter die Haut geht und unterhaltsame Lesestunden garantiert.

von Margherita Ragucci

Sebastian Fitzek
Das Kalendermädchen
Droemer Knaur 2024
400 Seiten
25,00 Euro
ISBN 9783426281740

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