„Am Ende des Tages heißt es: lesen, lesen, lesen.“
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CW: Krieg, Tod
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Sicherlich kennt man ihn: Social-Media-Star und Kölner Antiquar Klaus Willbrand († 29.01.2025). Ihm ging es genau darum – zu lesen, aber nie aus Zwang, sondern aus reiner Leidenschaft heraus. In seinem autobiographisch angehauchten Werk Einfach Literatur. Eine Einladung gibt er dementsprechend nicht nur Lesetipps, um Bücherleidenschaft bei anderen zu wecken, sondern vermittelt auch authentisch seine eigene.
Das Werk beginnt aus der Sicht der Co-Autorin Daria, der Geschichte, wie sie auf Klaus traf und was die beiden letztendlich zu Social Media führte. Sie ist für die stetige Bearbeitung des Manuskripts verantwortlich und versichert Leser*innen, dass dies kein Buch sei, das seine Tipps aufdrängen möchte. Es möchte vielmehr „das Wissen eines Buchmenschen, der sich mit fünf das Lesen selbst beigebracht und seitdem etwa 6000 Bücher gelesen hat [einfach konservieren]“. Und diese Absicht wurde voll und ganz erfüllt.
„Er war Pragmatiker, Pazifist, Liebhaber von Obst und Salat, Einzelgänger und großer Menschenfreund.“
Klaus eröffnet seine eigenen Kapitel mit seinem bereits angedeuteten und alternativlosen ersten Kontakt mit Büchern. Anschließend beschreibt er seine Zeit als Buchhandelslehrling in der Universitätsbuchhandlung Witsch in Köln, wo er durch eine Sonderprüfung sehr schnell zum Ersten Sortimenter aufstieg. Das Leben führte ihn dann nach Berlin zum Berlin Verlag Arno Spitz über ein Lesesabbatical von drei Jahren und die Konzeption der Rätselzeitschrift Perplex in Köln bis hin zur Eröffnung seines Antiquariats im Weyertal im Jahr 2001. Auch schildert er, wie er immer wieder auf verschiedene bedeutende Persönlichkeiten traf, wie beispielsweise Joseph Caspar Witsch, dem Mitgründer des Verlags Kiepenheuer & Witsch, oder sogar Lars und Willy Brandt.
Die Geschichte seines Bücher-Lebens wird von drei großen Einschnitten umrahmt. Klaus beschreibt deutschsprachige, angloamerikanische und französischsprachige Autor*innen, die er für erwähnens- und lesenswert hält, gibt zu ihnen eine kurze Einordnung und Einführung in ihre wichtigsten Werke. Bis auf gelegentliche Ausnahmen beschränkt er sich dabei auf die Autor*innen des 20. Jahrhunderts. All dies liest sich wie eine angenehme, kurze Literaturgeschichte, in der er seine eigenen Einschätzungen verdeutlicht und ebenfalls amüsante Anekdoten zu persönlichen Bekanntschaften einfließen lässt. Abgerundet wird dieser Katalog durch Zitate aus seinen Videos auf Instagram und TikTok, in denen er ähnliche Einschätzungen gab, Literaturlisten als Empfehlung und Begriffserklärungen, beispielsweise zum Kunstmärchen oder der Gruppe 47. Eine anrührende Danksagung mit Zitaten auf Social Media zur Anteilnahme an Klaus Willbrands Tod gibt dem Werk und auch Klaus Willbrand selbst einen würdigen Applaus, der hoffentlich noch lange nachhallen wird.
Das Buch ist insgesamt trotz der schwierigen Aufgabe, die Essenz der Autor*innen zu fassen, sehr gut verständlich und nachvollziehbar geschrieben, was nur von der enormen Fachkenntnis von Klaus Willbrand zeugt. Auch die Anordnung der drei literaturgeschichtlichen Teile, die nicht abgetrennt von Willbrands Leben stehen, überzeugt, da sie verdeutlicht, wie sehr sein Leben und seine Begeisterung mit den Autor*innen verbunden sind. Daher kann für dieses Buch nur eine absolute Empfehlung ausgesprochen werden. Ein großes Buch von großen und großartigen Menschen – und einem großen Leben.
von Hannah Orth

Klaus Willbrand und Daria Razumovych
Einfach Literatur. Eine Einladung
S. Fischer Verlag 2025
224 Seiten
22,00 Euro
ISBN 978-3-10-397703-5