Florian Schwiecker und Michael Tsokos – Der 2. Verdächtige. Justiz-Krimi
Florian Schwiecker und Michael Tsokos – Der 2. Verdächtige. Justiz-Krimi

Florian Schwiecker und Michael Tsokos – Der 2. Verdächtige. Justiz-Krimi

„Justitia war zwar blind – aber leider nur in der Theorie.“

CW: Drogenmissbrauch, Homophobie, Mord

Im inzwischen 5. Band der Justiz-Krimi-Reihe der Bestseller-Autoren Florian Schwiecker und Michael Tsokos, Der 2. Verdächtige, wird Rechtsmediziner Dr. Justus Jarmer mit einer männlichen Leiche im Berliner Nachtclub Königssohn konfrontiert. Todesursache: Eine Überdosis an Liquid Ecstasy. Strafverteidiger Rocco Eberhardt sieht sich an der Seite des Angeklagten Jan Staiger und kann zunächst auf Unfall plädieren. Doch ein paar Monate später taucht eine weitere Leiche auf. Unter identischen Umständen, diesmal jedoch mit eindeutigen Hinweisen auf Staiger. Rocco kann sich nicht mehr sicher sein, ob er seinem Mandanten jemals hat trauen können.

Die Presse schießt sich auf Rocco ein. Er habe einem Mörder geholfen, wieder auf freien Fuß zu gelangen und sei deswegen am Tod des zweiten Mannes schuld. Doch als es zum Prozess kommt, wendet sich das Blatt: Nun steht, nachdem der schwule Staiger unnötig gewaltsam verhaftet wurde, der Vorwurf der Homophobie gegen die Polizisten im Raum…

„Auf eines können Sie sich allerdings verlassen: Sie müssen das hier nicht allein durchstehen. Ab jetzt bin ich an Ihrer Seite.“

Schwiecker war Strafverteidiger, Prof. Dr. Tsokos ist Rechtsmediziner. Ihre Erfahrungen fließen klar in ihren Krimi hinein, da sie die behördlichen Vorgänge, die rechtsmedizinischen Abläufe und den gerichtlichen Prozess genau beschreiben. Doch dies schadet der Spannung keineswegs, da es ihnen gelingt, in einer scheinbar aussichtslosen Situation, die Figuren Auswege und Interpretationen finden zu lassen. Denn nichts ist, wie es scheint. Die Autoren bleiben in ihrem Schreibstil steril und professionell und verzichten auf übermäßige Konstruktion von Atmosphäre. Sie schaffen eine bestimmte Art von Nähe der Ereignisse zu den Leser*innen durch reale Orte und Abläufe, aber auch auf beunruhigende Art durch Angst vor Willkür und Unausweichlichkeit. Jedoch schießen sie durch Wiederholungen in der Charakterisierung der Figur Dr. Jarmers auch gelegentlich über das Ziel, Professionalität darzustellen, hinaus: Dieser wird viel zu oft vom Standpunkt des Erzählers aus als besonders objektiv und neutral beschrieben, was den Lesefluss zuweilen etwas stört.

Schwiecker und Tsokos ist ein Krimi gelungen, der die Frage nach Wahrheit, Gewissen und Verantwortung in sich vereint und keine offensichtlichen Schlussfolgerungen zulässt, ganz nach dem von Dr. Jarmer genannten Grundsatz, „dass man sich nie sofort zu einer Schlussfolgerung hinreißen lassen sollte, nur weil diese opportun und/oder offensichtlich erscheint.“

von Hannah Orth

Florian Schwiecker und Michael Tsokos
Der 2. Verdächtige. Justiz-Krimi
Knaur Taschenbuch 2025
336 Seiten
12,99 Euro
ISBN 978-3-426-44625-6

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