Timo Langner – Unmöglich ist keine Option
Timo Langner – Unmöglich ist keine Option

Timo Langner – Unmöglich ist keine Option

 Wie Timo Langner in Neuseeland zum Lobpreisleiter wurde

CW: Dämonen, Fundamentalismus, religiöser Zwang, sektenähnliche Strukturen, Sexismus, Teufel

„Bei Gott ist nichts unmöglich.“ Lukas 1,37

Ist dieser Bibelvers wörtlich zu verstehen? Gilt diese Zusage, die Maria von Gott erhielt, als der Engel ihr verkündete, dass sie den Sohn Gottes zur Welt bringen wird, auch heute noch? Gilt sie auch für mein Leben? Diesen Fragen geht Timo Langner schon seit Jahren nach und reiste dafür unter anderem bis nach Neuseeland. Langner ist ein christlicher Songwriter und Mitarbeiter bei Awakening Europe, einer Missionsbewegung unter der Leitung von Ben Fitzgerald nach dem Vorbild von Reinhard Bonnke. Jetzt hat er seine Suche nach einer Antwort in seiner Autobiografie Unmöglich ist keine Option veröffentlicht, nachdem er 2022 bereits ein gleichnamiges Album herausbrachte.

Im ersten Teil des Buches beschreibt er seinen eigenen geistliche Weg und im zweiten Teil die Veränderungen in seiner Gemeinde. Seine anschaulichen Worte werden ergänzt durch ausdrucksstarke Schwarz-Weiß-Fotografien, die leider nur Handyqualität haben. In 22 kurzen Kapiteln zeichnet Langner sehr ehrlich seinen Weg heraus aus der weltlichen Musikbranche hin in Lobpreis und Gemeindeleitung nach und schenkt tiefe Einblicke in sein Privatleben und seine geistliche Entwicklung. Immer wieder zeigt Langner sich verletzlich und teilt ungeschönt Momente von Angst, Verzweiflung und Tränen. Trotz aller Schwere sorgt sein flüssiger Schreibstil für Leichtigkeit und eine große Sogwirkung.

2006 veröffentliche er unter dem Plattenlabel Sony BMG seine erste Single Nur die Sterne, welche in den TOP 50 der deutschen Charts landete. Wenig später wurde ihm von der ARD-Redaktion eine Rolle in der Serie Marienhof angeboten. Aber seine Reaktion fiel anders als erwartet aus:

„Das ist wirklich sehr freundlich, aber ich muss ihnen leider sagen, dass ich diese Rolle nicht annehmen werde. […] Gott möchte, dass ich meine Karriere im Musikgeschäft beende und nach Neuseeland gehe.“

Obwohl er diesen Schritt selbst nicht verstand, entschied er sich, ihn zu gehen. Er reiste nach Neuseeland, verbrachte dort mehrere Monate bei verschiedenen christlichen Veranstaltungen und besuchte eine Bibelschule. Er nahm fast täglich an Gottesdiensten teil und verbrachte stundenlang im Lobpreis – teilweise gemeinsam mit tausenden Menschen, teilweise allein auf einer kleinen Veranda. Immer auf der Suche nach Intimität mit Jesus.

„All die Wochen hatte ich mich gefragt, wann sich endlich […] die Kraft Gottes so stark über mir ausbreiten würde, dass mein Leben in einem Moment der Gottesbegegnung heil und frei würde.“

Nach einem Jahr glaubte Langner von Gott den Auftrag erhalten zu haben, zurück in seine Gemeinde, die FEG Rebland, zu gehen und seinen neugewonnenen Glauben dort einzubringen. Aber anstatt sofort durchzustarten, stieß er auf viele Schwierigkeiten und erneut begann ein mühsamer Weg für ihn. Ihm fehlten die musikalische Ausbildung und ein anerkannter theologischer Abschluss. Statt als vertrauenswürdiger Lobpreisleiter war er seiner Heimat als Popstar aus Radio und Fernsehen bekannt. Trotzdem setzten die Ältesten der Gemeinde ihn als Lobpreisleiter ein, woraufhin er sich erst bewähren musste. Seine Änderungsvorschläge und sein Leitungsstil stießen auf viel Gegenwind und er kämpfte jahrelang um Anerkennung.

„Mir als Lobpreisleiter hätte es gefallen, die ganze Gemeinde für einen Moment mit erhobenen Händen vor mir stehen zu sehen. Gott aber nicht, denn bei vielen führte diese Aufforderung zwar zu einer äußeren Geste, aufzustehen oder die Hände zu heben, sie entsprach aber nicht dem tatsächlichen Ausdruck ihrer inneren Überzeugung oder Sehnsucht.“

Immer wieder erzählt Langner von inneren und äußeren Barrikaden und verknüpft seine persönlichen Erlebnisse mit theologischen Ausführungen. Einzelne Episoden werden zum Teil chronologisch und zum Teil thematisch sortiert erzählt, sodass die Handlung etwas springt. Durch diese Struktur wird es erschwert, seinen Gedankengängen zu folgen, und durch die Cliffhänger am Ende einiger Kapitel kann man leicht den Überblick verlieren. Auch die umfangreichen theologischen Ausführungen, welche ausgehend von Erlebnissen entfaltet werden, tragen dazu bei. In diesen Abschnitten spricht er die Lesenden häufig persönlich an und gibt auf Grundlage seiner Erfahrungen geistliche Ratschläge, die geprägt sind von seinen Vorstellungen des Übernatürlichen und der geistlichen Kampfführung gegen den Teufel und Dämonen. Während sich in vielen Sätzen ein deutliches Schwarz-Weiß-Denken und eine Tendenz zum Absolutheitsanspruch der eigenen Worte zeigt, wird im Schlusswort darauf hingewiesen, dass es sich nur um Langners eigene Erfahrung und Wahrheit handelt. Auch wenn diese Worte auf Dialogfähigkeit schließen lassen, wird Kritik in vorhergehenden Abschnitten mehrfach als Anfechtung und mangelnder Gehorsam gegenüber dem Heiligen Geist beschrieben.

„Eine Sache jedoch, die uns ohne Zweifel davon abhält, so klar, scharf und radikal zu leben, wie Jesus und seine Jünger es getan haben, ist das Thema Menschenfurcht. […] Wir lieben einfach, wenn unsere Zusammenkünfte geordnet und strukturiert ablaufen. Auf diese Weise […] geben [wir] niemandem einen Grund, Anstoß zu nehmen.“

Wiederholt weist der Autor darauf hin, dass er andere Standpunkte kennt, wertet sie jedoch mehrfach als teuflisch ab, statt sich gezielt damit aufeinanderzusetzen. Obwohl ihm bewusst ist, dass charismatische und pfingstlerische Praktiken zu Irritation und Überforderung führen können, etabliert und stärk er diese bewusst in seiner Gemeinde.

Insgesamt weist das Buch viele Stellen auf, die kritisch reflektiert und hinterfragt werden sollten. Fragwürdig sind zum Beispiel auch Langners teils sexistische Ausführungen zu seiner Rolle als Vater. Einige Sätze spricht er im Auftrag Gottes jeden Abend über seine Kinder aus und lehrt ihnen, diese zu verinnerlichen.

„Ich glaube zutiefst, dass Töchter unaufhörlich hören müssen, wie wertvoll, einzigartig und schön sie sind. Söhne brauchen hingegen eine andere ständig wiederholte Botschaft. Jungs müssen die Wahrheit tief in sich verankert haben, dass sie starke und mutige Männer Gottes sind.“

Die Wiederholung bestimmter Aussagen praktiziert er auch in seinem eigenen Leben. Durch seine schwere Kindheit und Jugend hatte er viele destruktive und verurteilende Gedanken über sich selbst verinnerlicht, die unkontrolliert hochkamen. Anstatt sich jedoch therapeutische Unterstützung zu suchen, überschwemmte er die Lügengedanken mit Wellen der Anbetung, bis Ruhe einkehrte. Mithilfe anekdotischer Evidenz gelangt er zu der Aussage: „Je mehr wir zu diesem Ruf, als Anbeter zu leben Ja sagen, umso mehr werden wir auch erleben, wie der Nebel der Verwirrung und die auf uns gerichteten Anklage-Pfeile des Feindes erfolglos an uns abprallen.“ Diese Aussage baut nicht nur religiösem Druck auf, sondern dämonisiert auch auf problematische Weise Minderwertigkeitsgedanken und psychische Probleme.

Trotz des interessanten Lebens von Timo Langner ist seine Autobiographie – im Gegensatz zu seiner Musik – aufgrund der deutlichen Schwachstellen nicht zu empfehlen.

von Jasmin Fuchs

Timo Langner
Unmöglich ist keine Option
Gerth Medien 2025
272 Seiten
22,00 Euro
ISBN 9783986950507

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