Frankfurter Buchmesse 2025
Frankfurter Buchmesse 2025

Frankfurter Buchmesse 2025

Rezensöhnchen @ Frankfurter Buchmesse 2025

Auch in diesem Jahr besuchten Redaktionsmitglieder des Rezensöhnchens die Frankfurter Buchmesse, die vom 15. bis 19. Oktober 2025 stattfand. Ob Lesungen, lange Schlangen an Signiertischen oder interessante Gespräche an den Ständen kleinerer Verlage – wir haben das ganze Spektrum der Buchmesse-Erlebnisse für euch eingefangen.

Am Donnerstag, den 15.10.2025, öffnete die Buchmesse ihre Türen für die Fachbesucher*innen und auch Redaktionsmitglied Jasmin nutzte den Auftakt für ihren Messebesuch. Statt des gewohnten Gedränges und der großen Menschenmassen fand sie Ruhe und eine überschaubare Zahl an Besucher*innen vor. Dies ermöglichte ausgiebiges Stöbern an den Messeständen, sowie einen Sitzplatz in der ersten Reihe bei Talks mit verschiedenen Autor*innen.

Der erste Termin auf Jasmins Liste war ein Interview mit Kaleb Erdmann und Kira Kramer über seinen Roman Die Ausweichschule, der für die diesjährige Shortlist des Deutschen Buchpreises nominiert wurde. Ermann erzählte von seiner Annäherung an den Text und dem Verhältnis von Bericht und Roman. Auf die klug gestellten Fragen gab er aufschlussreiche und inspirierende Antworten, an denen deutlich wurde, wie vielschichtig sein Schreiben ist – todernst und zugleich slapstickhaft komisch auf der Suche nach dem Warum.

Nach einer kurzen Pause ging es für Jasmin weiter zur Literaturbühne im Forum, auf der Dorothee Elmiger, die Gewinnerin des Deutschen Buchpreises 2025, zu ihrem Roman Die Holländerinnen interviewt wurde. Was soll der Text? Was soll die Literatur? Diesen und ähnlichen Fragen wurde gesprächsweise nachgegangen. Elmiger sprach vom Problem des Erzählens und wie sie damit spielt, indem sie große Teile ihres Romans im Konjunktiv verfasst hat und die Protagonistin eine unzuverlässige Erzählerin ist.

„Ich habe mich auch gefürchtet, wollte raus aus dem Text.“

Ihre eigene Furcht thematisierte sie genauso ehrlich wie die Gefahr, trotz aller Bemühungen um Reflexion immer wieder in die gleichen Fallen zu tappen – hier in Bezug zu kultureller Aneignung, Kolonialismus und Eurozentrismus.

Wenig später trat Anna Maschik auf die gleiche Bühne, um über ihren Debütroman Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten zu sprechen, welcher für den österreichischen Debütpreis auf der Shortlist 2025 steht. Mit einer beeindruckenden Souveränität und Gelassenheit beantwortete die junge Autorin tiefgreifende Fragen zu ihrem Werk sowie ihrem Schreiben und las eine kurze Passage. Deutlich wurde dabei vor allem ihr großes Verständnis für intergenerationelle Dynamiken und Feingefühl gegenüber familiären Problemen.

Am Nachmittag folgte ein interaktiver Talk mit Melanie Raabe, welche am Stand von Thalia über ihr neues Buch Das Jahr der Wunder sprach. In ihmknüpft sie an ihr Sachbuch Kreativität an und gibt neben 12 Essays auch 365 Impulse für mehr Freude und Leichtigkeit im Alltag.

Direkt im Anschluss ging es auf der Bühne von Deutschlandfunk Kultur weiter mit Caroline Wahl und Susanne Führer. Leider wurden dabei überwiegend Fragen gestellt, die Wahl bereits vielfach beantworte hat. Statt ausgiebig über ihren dritten Roman Die Assistentin zu sprechen, ging es um ihr Privatleben, ihren Wunsch nach Erfolg und ihre eigenen Erfahrungen als Verlagsassistentin. Leider wirkte Führer an einigen Stellen Wahl gegenüber eher abwertend statt wohlwollend und interessiert.

Redaktionsmitglieder Alina, Si hyun und Michaela besuchten die Messe am Freitag. Für Michaela startete der Tag mit einer ausgiebigen Runde durch Halle 3 Ebene 1, um vor allem bei den unabhängigen Verlagen Zeit zu verbringen. Die Begegnungen und Gespräche, die im engen Austausch mit Mitarbeitenden der Verlage und anderen Rezensent*innen entstehen, sind die eigentliche Bereicherung der Buchmesse.

Im breiten Veranstaltungsprogramm suchte sich Michaela zum einen die Buchvorstellung Norbert Freis zu seinem neuen Titel Konrad Adenauer. Kanzler nach der Katastrophe heraus und freute sich, an das Geschichtsstudium anknüpfen und einen Autor und Wissenschaftler aus nächster Nähe kennenlernen zu dürfen, der ihr sonst nur in Seminartexten begegnet.

Zum anderen ging es zum Gespräch mit Verena Keßler zu ihrem dritten Roman Gym, das von ZEIT Feuilleton-Redakteurin Marlene Knobloch geführt wurde. Die Autorin bot spannende Einblicke in ihren Rechercheprozess. Foren, in denen sich User darüber austauschten, nur noch rohes Fleisch essen und das am besten püriert, damit die Massen leichter einzunehmen sind, als extremes Beispiel für den im Roman beschriebenen Proteinwahn lösten im Publikum ungläubiges Lachen aus. Der schelmische Hinweis der Autorin, dass sie sich nicht für die Songauswahl ihrer Playlist schäme, die auf der Verlagsseite zum Buch hinterlegt ist und sich für das eigene Training im Fitnessstudio eignet, lassen den Witz durchblicken, der Gym zu so einem unterhaltsamen Roman macht. Das Interview ist auf dem YouTube-Account von ZEIT Veranstaltungen nachzuschauen.

Befremdlich war für Michaela in Halle 3 lediglich der sehr präsente Stand des Deutschen Bundestags, an dem auch einige Abgeordnete im Laufe des Wochenendes zu Gast waren. Der Trubel, der entstand, als gerade Julia Klöckner Hof hielt, lässt dann doch die Frage aufkommen, ob es Veranstaltungen dieser Art auf einer Buchmesse braucht.

Die Buchmesse startete für Alina in den Hallen 3.0 und 3.1 in der Hoffnung, vor dem großen Ansturm noch in Ruhe die Stände der großen Publikumsverlage und der unabhängigen Verlage durchstöbern zu können. Der Plan schien im ersten Augenblick aufzugehen, aber schon nach kurzer Zeit füllten sich die Hallen und die Warteschlangen für Signierstunden, Fotospots und einzelne Stände wurden immer länger.

Auch das Veranstaltungsprogramm lockte viele Besucher*innen an, sodass Alina keinen Sitzplatz für ihren geplanten Besuch am ZEIT-Stand fand. Das 30-minütige Gespräch zwischen der Autorin und Ärztin Giulia Enders und der Journalistin Debora Schnitzler von Freunde der ZEIT über das neue Buch von Enders, Organisch, nach dem Bestseller Darm mit Charme,fand so großen Andrang, dass sich viele Interessierte auf den Gängen rund um den Stand versammeln mussten. In einer sehr lockeren Atmosphäre, die zwischendurch auch immer wieder Lacher aus dem Publikum hervorbrachte, unterhielten sich Enders und Schnitzler darüber, wie es für Enders war, nach 10 Jahren Arbeit im Krankenhaus ein zweites Buch zu schreiben und das auch noch über andere Organe als ihren Liebling, den Darm. Wie verlief die Zusammenarbeit mit ihrer Schwester, die Organisch illustrierte? Wie steht sie zum Impfen? Und vor allem: Wieso hat sie den Organen jeweils eines ihrer Familienmitglieder zugeordnet? Diese und weitere Fragen rund um ihr neues Buch beantwortete Enders mit dem Charme, den sie bereits in ihrem Debütroman präsentierte, und schaffte es mit ihren Erklärungen zu einzelnen Organen mal wieder, komplizierte medizinische Erklärungen für jede*n verständlich zu machen. Das Interview kann man ebenfalls auf dem YouTube-Kanal ZEIT Veranstaltungen ansehen.

Nach einer sehr kurzen Pause zum Verschnaufen am Rande der Buchmesse ging es für Alina weiter zu den internationalen Ausstellern. Weil deutlich weniger los war, konnte man dort den Literaturbetrieb besonders gut beim Networking und bei Verhandlungen beobachten. Das war dieses Jahr am Messefreitag möglich, weil für Besucher*innen die Buchmesse schon ab 10 Uhr geöffnet war und nicht erst am Nachmittag wie in den vorherigen Jahren. Die Termine der Fachbesucher*innen streckten sich aber zum Teil noch bis in den Freitagnachmittag, wie eine Illustratorin im Gespräch verriet.

Der Besuch dieser Stände lohnte sich auch deshalb, weil man durch kleine Mitmachprojekte, Süßigkeiten, Gespräche und natürlich insbesondere Bücher für einen Moment in andere Kulturen eintauchen konnte. Und wenn man wie Alina Glück hatte, konnte man sich sogar spontan ein Buch signieren lassen und ein Foto mit einem Autor oder einer Autorin am Stand bekommen, ohne sich teilweise stundenlang für eine Signierstunde im Rahmen von Meet the Author anstellen zu müssen.

Als erste Erfahrung auf der Buchmesse erwartete Si Hyun mit voller Hoffnung sowohl Begegnungen mit großartigen deutschen Verlagen als auch einen Überblick über internationale Verlage. Zuerst besuchte sie Halle 3.1, kurz vor dem Freitagnachmittag. Als sie eintrat, blieb sie für einen Moment bewegungslos, überwältigt von der Menschenmenge. Der schmale Weg zwischen den Menschen lag vor ihr – sie musste kurz anhalten, sich sammeln und den Mut finden, um sich durch die Menge hindurchzubewegen. Doch der Weg durch die Menschen war tatsächlich nicht so kompliziert oder eng, wie sie gedacht hatte, und so konnte sie auch andere Verlage anschauen.

Am Eingang von Halle 3.1 standen zunächst kleine Verlage mit auffälligen Büchern, die bereits von Rezensöhnchen-Mitgliedern rezensiert wurden, zum Beispiel Fünf Tage noch. Weiter hinten befanden sich große und mittlere Verlage sowie Zeitungen in der Mitte der Halle. Es gab auch viele Lesungen, aber als sie ankam, waren die meisten schon beendet oder so voll mit Zuhörer*innen, dass man keinen Platz zum Stehen fand. Nur um Halle 3.1 zu erkunden, brauchte sie etwa drei Stunden. Nach einer kurzen Pause lief sie weiter durch die anderen Hallen – 4, 5 und 6.

In den Hallen 4 und 5 gab es deutlich weniger Besucher*innen als in Halle 3. Dort fand man internationale Bücher in verschiedenen Sprachen, und viele Verlage präsentierten ihre Veranstaltungen im B2B-Format. Deshalb waren dort weniger Menschen, die Bücher kaufen wollten, während im Bereich der englischen Literatur mehr Besucher*innen anzutreffen waren.

Dort boten die englischen Verlage ihre Bücher im B2B-Bereich an, aber zugleich auch für das Publikum, mit schönen Buchcovern – besonders bei klassischer Literatur. In Halle 6.1 gab es vor allem Fantasy-Bücher, und viele Menschen standen Schlange, um Bücher zu kaufen. Am Samstag besuchte sie erneut die Messe, um schließlich Halle 3.0 zu erkunden. Dort fand sie ihre Lieblingsverlage, Pola und Rowohlt, und kaufte einige Bücher.

Obwohl sie wegen der knappen Zeit die Chance auf ein Autogramm und ein Foto mit ihrer Lieblingsautorin, Joana June, verpasst hatte, blieb der Besuch der Messe insgesamt eine sehr schöne Erinnerung.

Trotzdem hat sie eine kleine Hoffnung, dass beim nächsten Mal die beliebten Bereiche etwas gleichmäßiger verteilt sein könnten, damit sich die Menschen nicht nur in Halle 3 drängen, sondern auch andere Hallen mehr Aufmerksamkeit erhalten – und internationale Bücher mehr ins Licht rücken.

Redaktionsmitglied Johanna besuchte die Messe ebenfalls am Samstag. Auch sie nutzte die Gelegenheit, persönlich mit ausstellenden Verlagen in Kontakt zu kommen und Lesungen beizuwohnen, beispielsweise zu Leon Englers Debütroman Botanik des Wahnsinns – eine spannende Lesung am Ende ihres Messetages, der sie leider nicht bis zum Ende folgen konnte, denn die Züge fahren nun einmal, wann sie fahren. Auf der Leseinsel der unabhängigen Verlage moderierte die Verlegerin Sarah Käsmayr früher am Tag ein Gespräch mit der niederländischen Autorin Gerda Blees und der Übersetzerin Lisa Mensing zu Blees’ Kurzgeschichtensammlung Sommerwasserlinsen, die jüngst im MaroVerlag in deutscher Übersetzung erschien. Die drei führten eine interessante und humorvolle Unterhaltung, in der man über den Entstehungsprozess der Geschichten ebenso viel erfuhr wie über den der Übersetzung. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass die Frage, ob es Normgrößen für Gefrierfächer gibt, und ob sich diese international unterscheiden, Teil der Übersetzungs- und Lektoratsarbeit sein kann? Auf das Gespräch folgte eine Lesung aus einer der Kurzgeschichten, die sich durch Zweisprachigkeit auszeichnete: Gerda Blees las einen kurzen Auszug der Geschichte auf Niederländisch vor, sodass man den Sprachklang des Originaltextes erleben konnte. Darauf folgte eine längere Lesung auf Deutsch durch Lisa Mensing – nun konnte man auch inhaltlich folgen und wurde neugierig auf den Rest des Buches!

Wie es vom ausverkauften Messesamstag zu erwarten war, waren die Hallen sehr voll – Grund, sich ausnahmsweise einmal zu freuen, dass der Verkauf von Non-Book-Produkten, der seit Jahren fester Bestandteil des Buchhandels ist, auch vor der Buchmesse nicht Halt macht. Mit einem Stressball in der Hand ließen sich die Menschenmengen gleich viel besser aushalten. Eine willkommene Auszeit vom Messetrubel bot außerdem der Silent Reading Rave, zu dem die OFF Bühne Schweiz einlud. Hier durfte man sich mit einem neu entdeckten oder mitgebrachten Buch eine Weile hinzusetzen und in Ruhe lesen. Und alle, die anders als Johanna nicht in der privilegierten Position waren, einfach die eigenen Hörgeräte ausschalten zu können, wurden natürlich mit Noise-Cancelling-Kopfhörern versorgt.

Der Besuch der Frankfurter Buchmesse 2025 mit dem Ehrengast Philippinen war für die Redaktion ein voller Erfolg durch die bereichernden Einblicke und Begegnungen. Wir freuen uns schon aufs nächste Jahr, wenn es vom 07. bis 11. Oktober wieder nach Frankfurt geht – dieses Mal mit dem Gastland Tschechien. Bis bald!

von Johanna Ammon, Jasmin Fuchs, Si hyun Joo, Alina Köhler und Michaela Minder

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