Kurt Prödel – Klapper
Kurt Prödel – Klapper

Kurt Prödel – Klapper

„Klapp, Klapp, Klapper, Klapp!“

CW: Cyberkriminalität, Depression, Drogen, Gewalt, Medikamentenmissbrauch, Mobbing, Pornografie, Reichsbürger, Sexismus, Wohlstandsverwahrlosung

Ein Hobbygamer, Nerd und Außenseiter verbringt die kompletten Sommerferien in seinem abgedunkelten Zimmer. Auf dem Bildschirm leuchtet die selbstgebaute Counter Strike-Map, die seine Schule zeigt. Das neue Schuljahr beginnt und für den 16-jährigen Thomas, genannt Klapper, auch eine besondere Freundschaft mit seiner Mitschülerin Bär.

„Dabei wollte er nichts Böses. Er wollte wissen, wer sie war. Keine Stalkerei, nein. Es ging um Verständnis. Rein freundschaftlich. Fast so wie Nächstenliebe.“

Kurt Prödels Debütroman Klapper erzählt eine Coming-of-Age Geschichte im Jahr 2011 mit einer beeindruckenden Originalität und immensen Tragik. Die schweren Familienverhältnisse der Figuren werden authentisch und zum Teil humorvoll dargestellt, ohne effekthascherisch zu sein. Prödel gelingt es hervorragend, familiäre und schulische Probleme realitätsnah aufzuzeigen, ohne sie blind zu reproduzieren. Geschickt lenkt er seine Handlung fernab von Verharmlosung oder Übertreibung und wechselt elegant zwischen verschiedenen Szenen. Gezielt nutzt er die auktoriale Erzählperspektive, um die Verbindung zwischen Klapper und Bär zu zeigen. Während anfangs ausschließlich Klappers Leben erzählt wird, gibt es in der Hälfte des Buches auch Szenen, die nur Bärs Situation zeigen. Gekonnt stellt er dadurch mal interessante Details in den Vordergrund, mal baut er durch kurze Sätze und schlichte Beschreibungen Tempo auf. Dank des sparsamen Einsatzes von Cliffhängern an den Kapitelenden entfalten diese eine besonders starke Wirkung.

Lobend hervorzuheben ist auch die sprachliche Qualität des Romans. Prödel beweist ein wunderbares Feingefühl durch die Gestaltung seiner einzigartigen Charaktere und deren zwischenmenschlicher Dynamiken. Dies zeigen die Szenen, in denen Klapper und Bär gemeinsam zocken, ebenso wie die an den Abendbrottischen ihrer Familien.

„18:00. Graubrot mit Schinken, Gewürzgurke und ALDI-Orangensaft aus Glaskaraffen. Jeder Kontakt zwischen Besteck und Porzellan klang wie eine klirrende Explosion und die Stimmung war auf dem besten Weg richtig scheiße zu werden. Man hätte die Spannung mit dem Brotbesser in fingerdicke Scheiben schneiden können.“

Ein kleiner Kritikpunkt ist die Darstellung von Klappers Vater, der besonders zu Beginn präsent ist und durch rechtextremistische Aussagen auffällt. Während viele Themen sehr differenziert dargestellt werden und der Vermutung trotzen, dass der Roman überladen sei, bestätigt sich dieser Verdacht hier etwas.

Kurt Prödel wurde medial bereits als außergewöhnliches Multitalent bezeichnet und macht diesem Namen alle Ehre. Es ist kaum zu glauben, dass es sich um einen Debütroman handelt – so unglaublich gut. Hoffentlich folgen weitere Romane von ihm.

von Jasmin Fuchs

Klapper
Kurt Prödel
park x ullstein 2025
256 Seiten
22,00 Euro
ISBN 9783988160249

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