Yrsa Sigurdardóttir – Blut
Yrsa Sigurdardóttir – Blut

Yrsa Sigurdardóttir – Blut

Schuld auf Isländisch

CW: Ableismus, Knochen, Mord, Suizid, Tierkadaver

Nach Nacht und Rauch hat die isländische Autorin Yrsa Sigurdardóttir in der Reihe um Karólína, Týr und Iðunn nun ihren dritten Thriller Blut geschrieben. Diesmal geht es um die Schiffsköchin Gunndís, die auf einem Fischtrawler einspringen muss. Doch nachdem die erste Übelkeit überwunden ist, nehmen seltsame Ereignisse ihren Lauf: Das Kochbuch ihres auf See ertrunkenen Vaters taucht auf, ein Messer verschwindet aus ihrem Besitz und die Matrosen verhalten sich in ihrer Gegenwart misstrauisch und abweisend. Ob jemand weiß, dass ihr Vater damals ein Schiff durch einen Fehler in Brand gesetzt und sich selbst samt der Besatzung in den Tod geschickt hat?

Zeitgleich muss sich das Polizeiteam Týr und Karó um einen Nachbarschaftsstreit in der Stadt Grindavík kümmern. Auf den ersten Blick scheint es, als würden sich nur ein paar Leute gegenseitig eine Menge in die Schuhe schieben. Doch als der Sohn der einen Streitpartei, Ketill, mitten in der Nacht die Leiche seines Hundes findet, die jemand ausgegraben und die Waschküche der Familie geworfen hat, steht der Verdacht einer ernsten Bedrohung im Raum…

Gunndís und Ketill verbindet zunächst nur eine Sache: Sie werden für etwas schief angeschaut, an dem nicht sie, sondern jeweils einer ihrer Elternteile Schuld hat. Gunndís‘ Vater soll für einen Schiffsunfall, Ketills Vater für den Brand eines Wohnhauses sowie den Tod eines Familienvaters mit seinen beiden Töchtern verantwortlich sein. Doch im Laufe der Zeit ergibt sich noch ein anderer Zusammenhang zwischen den beiden Geschichten – und die nimmt ihren Ausgang bei einem grausigen Fund in Ketills Garage…

“Sobald sie an nichts Spezielles dachte, wurde ihr wieder bewusst, wo sie sich befand. Unter der Meeresoberfläche, wo furchtbare Dinge passieren konnten.”

Sigurdardóttir versteht ihr Handwerk ausgezeichnet: Sie schafft es, scheinbar Unerklärliches zu erklären, denn bis auf eine werden am Ende alle Fragen beantwortet. Die beiden Geschichten werden außerdem geschickt und logisch, aber nicht zu kompliziert miteinander verbunden. Die Handlung ist insgesamt spannend, aber nicht allzu grausam, und damit perfekt für all diejenigen, die sich gerade im Herbst ein wenig, aber nicht zu arg gruseln mögen. Punktabzug gibt es lediglich dafür, dass einmal eine fast misogyne Bemerkung fällt („Im Büro erwartete Týr wieder nur die Unfallstatistik, die eine ähnliche Anziehungskraft auf ihn ausübte wie ein Gedicht über den weiblichen Zyklus.“) oder dass versucht wurde, die Jugendsprache in Ketills Sprech- und Denkpassagen mit Anglizismen zu imitieren.

von Hannah Orth

Yrsa Sigurdardóttir
Blut
Aus dem Isländischen von Anika Wolff
btb Verlag 2025
384 Seiten
18,00 Euro
ISBN 978-3-442-76299-6

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